Zeitmanagement Methoden gibt es wie Sand am Meer: ALPEN, Pareto, SMART, Pomodoro, ABC, Eisenhower, Getting Things Done, Time Boxing. Von Roger Romano durfte ich im Führungskreis B2B-Marketing Heterautonomy kennenlernen. Dadurch habe ich eine neue Perspektive auf Zeitmanagement Methoden und Tools gewonnen. In diesem FRITZ Tipp fasse ich meine zentralen Erkenntnisse zum effizienten und effektiven Umgang mit der eigenen Zeit zusammen.
Was ist Zeitmanagement?
In Bezug auf Zeitmanagement Methoden lassen sich nach Stephen Covey fünf Generation des Selbstmanagement unterscheiden:
Selbstmanagement | Zeitmanagement Fokus |
1. Generation | Persönlichen Arbeitsorganisation |
2. Generation | Planung von Aufgaben, Sitzungen und Projekten |
3. Generation | Abgleich mit persönlichen Werten und Zielen |
4. Generation | Verbesserung der Lebensqualität |
5. Generation | Selbstregulation und Umsetzungskompetenz |
Heterautonomy nach Roger Romano ist der 4. Generation von Zeitmanagement Methoden zuzuordnen und entspricht dem aktuellen Stand der Forschung. Heterautonomy zielt auf die Verbesserung der Lebensqualität ab. Die 5. Generation der Zeitmanagement Methoden ist im Entstehen.
Warum funktionieren Zeitmanagement Methoden nicht?
Mir erscheint als wäre zu Zeitmanagement Methoden und Tools alles gesagt, was es zu sagen gibt. Wenn ich in eine Runde mit erfahrenen Führungskräften Frage, was ihre Lessons Learned zum Zeitmanagement sind kommt es wie aus der Pistole geschossen:
- Kein Meeting ohne klare Agenda
- Kein Projekt ohne klaren Auftrag
- Eisenhower: Wichtig vs. Dringlich
- Verantwortung bei Mitarbeitern stärken und übergeben
- Nur eine Prio 1
- ALPEN Methode: Aufgaben, Länge, Puffer, Entscheidung für Prio, Nachkontrolle
- …
Scheinbar ist doch nicht alles gesagt, sonst würde Zeitmanagement nicht immer wieder auf die Agenda kommen. Romano stellt in diesem Zusammenhang die Hypothese in den Raum, das Zeitmanagement das „eigentliche“ Problem nicht löst. Anders formuliert, wenn Zeitmanagement die Antwort ist, was war eigentlich die Frage?
Was ist gute Arbeit?
Landläufig wird unter Arbeit jene Tätigkeit verstanden, die es braucht, um den eigenen Lebensunterhalt zu verdienen. Also klassische Erwerbstätigkeit. Nach Precht begegnet uns die Mühsal sich abzuplagen, bei den Griechen als pónos und bei den Römer als labor. Laborare, englisch labour, ist das Schicksal von Sklaven, Frauen und Ausländern. Sprenger spricht von Beschäftigung.
Mit dieser Definition im Hinterkopf ist der Bedarf nach Zeitmanagement Methoden vollkommen klar. Schließlich soll der Lebensunterhalt in möglichst kurzer Zeit (Effizienz) und den richtigen Tätigkeiten (Effektivität) verdient werden. Vor diesem Hintergrund macht auch der Begriff Work-Life-Balance Sinn: Lebe ich, um zu arbeiten oder arbeite ich, um zu leben?
Philosophisch betrachtet besteht Arbeit aus allen Prozessen der bewussten schöpferischen Auseinandersetzung mit Natur, Gesellschaft und sich selbst. Locke erkennt darin sogar den gottgegebenen Auftrag des Menschen, an sich selbst zu arbeiten. Leider nennt er diese selbst bestimmten und eigenverantwortlichen Prozesse labour und meint eigentlich work. Sprenger spricht korrekterweise von Arbeit.
Nur wer nicht für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss, findet die Zeit an sich zu arbeiten. Wenn man diese Definition von Arbeit zugrunde legt, erscheint die Sache in einem vollkommen neuen Licht. Der Fokus verschiebt sich vom effizienten und effektiven Umgang mit Zeit hinzu der Frage, ob die Arbeit selbst bestimmt und eigenverantwortlich ist.
Heterautonomy als Zeitmanagement Methode
Heterautonomy ist eine Wortschöpfung aus den englischen Begriffen heteronomy (=Fremdbestimmung) und autonomy (=Selbstbestimmtheit) und stellt die Unterscheidung von fremdbestimmter und selbst bestimmter Arbeit in den Mittelpunkt der Diskussion rund um Zeitmanagement Methoden.
Wenn nun gute Arbeit darin besteht, die für mich optimale Mischung aus fremd- und selbst bestimmter Arbeit zu haben, ist der Ruf nach Zeitmanagement Methoden vielleicht nur ein Hinweis auf einen nicht passenden Mix. In den meisten Fällen wird es ein zu hoher Anteil an Fremdbestimmung sein. Siehe dazu auch den FRITZ Tipp zu New Work.
Grundsätzlich sollten Führungskräfte bestrebt sein, ihren Anteil an Selbstbestimmung zu erhöhen, um die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten im System zu erhöhen. Um mit den Worten von Covey zu sprechen, gilt es den Circle of Influence zu vergrößern und den Circle of Concern zu verkleinern:
Fazit – Zeitmanagement Methoden
Wenn die Frage darin besteht, wie man den Grad an Selbstbestimmtheit erhöhen kann, sind Zeitmanagement Methoden definitiv die falsche Antwort. Damit machen wir schlussendlich nur noch mehr Platz für mehr fremdbestimmte Arbeit („I can’t accept nothing to do“).
In diesem Fall lohnt es sich von Zeit zu Zeit zu reflektieren welche Aufgaben im eigenen Leben fremd- oder selbst bestimmt sind und hier Maßnahmen einzuleiten. Wer hierzu einen strukturierten Ansatz sucht wird bei Manfred Zumtobel und seinem Konzept der Persönlichen Souveränität fündig.
Dr. Patrick Fritz
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