Wofür ist Agilität eigentlich gut? Agilität war ursprünglich als moderne Projektmanagement-Methode klar verortet. Insbesondere SCRUM hat vielen Softwareentwicklungs-Teams geholfen, ihren Entwicklungsprozess zu verbessern. Heute ist Agilität zu einem Modebegriff geworden, der für ALLES und NICHTS steht. Deshalb ist es an der Zeit für eine Standortbestimmung. Barbara Heitger hat in ihrem Impulsvortrag 4 Anwendungsfelder für Agilität vorgeschlagen, die ich in diesem FRITZ Tipp gerne mit konkreten Beispielen hinterlegen möchte.
1. Agile for innovation
Agile Methoden sind für das Anwendungsfeld Innovation geradezu gemacht. Der Grundgedanke des Timeboxing ermöglicht es früher und häufiger zu scheitern, um das Projektrisiko systematisch zu reduzieren. Gerade in einem komplexen Umfeld (siehe FRITZ Tipp CYNEFIN Framwork) gibt es zum Experimentieren keine Alternative. Diese Grundlogik auch auf die Unternehmensentwicklung auszudehnen erachte ich als sinnvoll. Gerade hinsichtlich Strategie und Organisation braucht es Innovation. Diese notwendigen Innovationen können durch eine agile Vorgehensweise risikoärmer erreicht werden.
2. Agile for customer focus
Im Rahmen des Führungskreis Marketing wird häufiger über die Zukunft des Marketings diskutiert. Dahinter steht die Frage, wie kann die Marketingabteilung strategisch relevanter werden? Bei der Beantwortung solcher Fragen, sind Methoden wie Design Thinking oder Design Sprint unheimlich wertvoll. Die eingebaute „Need-Finding-Phase“ zwingt den Anwender sich mit den Kundenbedürfnissen auseinander zu setzen. Gerade hier besteht für das Marketing die Chance zur Stimme des Kunden zu werden und den Kundenfokus im Unternehmen zu stärken.
3. Agile for more efficiency
Diesen Anwendungsfall sehe ich tendenziell kritisch. Agile Vorgehensmodelle beinhalten einen iterativen Planungsansatz. D.h. es wird „nur“ für die nächsten 2-4 Wochen geplant – Feedback eingeholt – und wieder geplant. Eben die perfekte Vorgehensweise für komplexe Probleme. Für komplizierte Probleme haben wir es vermutlich mit einem erhöhten Planungsaufwand zu tun. Wenn einmal planen genügt, ist es eben effizienter, als immer wieder zu planen. Trotzdem sollte man die Augen nicht verschließen und mögliche Potentiale prüfen. Mit einer adaptierten Version von KANBAN haben wir im Führungskreis Qualitätsmanagement eine effiziente Lösung für den Reklamationsprozess gefunden.
4. Agile for sustainable & fast implementation
Ich sage jetzt einfach mal SCRUM. Für mich die agile Methode zur schnellen Implementierung bzw. Umsetzung von komplexen Projekten. Hier stellt sich eigentlich nur noch die Frage, wie agil können wir überhaupt sein. Den Wunsch nach Ausweitung agiler Prinzipien auf den Unternehmenskontext kann ich durchaus verstehen. DevSecOps halte ich in diesem Zusammenhang für ein spannendes Konzept. Allerdings muss es die Aufgabe auch hergeben. Ebenso strahlt die Übertragung agiler Methoden auf Change-Ansätze wie Organisationsentwicklung oder die Strategieentwicklung einen besonderen Charme aus.
Fazit – Wofür ist Agilität eigentlich gut?
Das agile Paradigma, die grundsätzliche Denkweise hinter Agilität, ist viel zu wichtig, als dass es für ALLES und NICHTS stehen soll. Hier braucht es einen erwachsenen Umgang und ein genaues Auge, wann sich diese Denkweise besser eignet und wann nicht. Gerade im Zusammenhang mit Innovation, Kundenfokus und Projektumsetzung, lohnt sich ein genauer Blick in die agile Schatzkiste. Wenn es um Effizienz gehen soll, sage ich ACHTUNG!
Dr. Patrick Fritz
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