Was ist ein Unternehmer? Die Bücher „The E-Myth“ von Michael E. Gerber und „Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer“ von Stefan Merath, haben mir neue Erkenntnisse zur Rolle und den Aufgaben des Unternehmers geliefert, die ich gerne teilen möchte.
In meinen bisherigen Beiträgen zu diesem Thema (hier, hier und hier) habe ich mich ausschließlich auf die unterschiedlichen Rollen der Führungskraft fokussiert. Die Frage nach der Unternehmer-Rolle war mir nicht präsent. Wenn ich meinen bisherigen Kenntnisstand auf den Punkt bringen müsste, würde ich sagen…
Führung = Verhaltensbeeinflussung von Menschen = Komplexe Aufgaben
Leadership (eng.) = Führung (dt.)
Management = Handhaben von Sachverhalten = Komplizierte Aufgaben
Indem wir den Zoomfaktor verringern und die Rollendiskussion auf die Rolle des Unternehmers und der Fachkraft erweitern, kommen durch die Abgrenzung der Rollen untereinander wichtige Punkte dazu.
Was ist ein Unternehmer?
Den Ausführungen Gerbers folgend, erliegen die meisten Fachkräfte, die ein Unternehmen gründen, einer grundsätzlich falschen Annahme: „If you understand the technical work of a business, you understand a business that does that technical work„. Das sind in seinem Modell aber zwei grundverschiedene Dinge:
Der Unternehmer sieht das Unternehmen als sein Produkt . Nicht das Produkt welches das Unternehmen herstellt. Das heißt in Konsequenz, der Unternehmer muss sein Unternehmen soweit entwickeln, bis es ohne ihn funktioniert und damit jederzeit verkauft werden könnte. Die Zielgruppe des Unternehmers ist nicht der Kunde des Unternehmens, sondern sein potenzieller Nachfolger. Damit das gelingt, muss der Unternehmer am Unternehmen arbeiten und nicht im Unternehmen . Das Ziel dieser Arbeit ist ein „systems-dependent business, not a people-depentend business“ zu kreieren. Das Unternehmen soll dann von Führungs- und Fachkräften betrieben werden, mit der niedrigsten möglichen Qualifikation.Wenn das System von höchstqualifizierten Mitarbeitern abhängig ist, wäre es nicht replizierbar. Die Kernfrage des Unternehmers lautet also: „How can I give my customers the results he wants systematically rahter than personally?“.
Was ist eine Führungskraft?
Für Merath ist ein Leader auch ein Manager. Die Führungskraft konzentriert sich sowohl auf Menschen (Führung oder Leadership), als auch auf Dinge (Management).
Weiterführend räumt Merath das Konzept des „servant leaders“ ab: „Die Führung ist auch nicht der Dienstleister der Mitarbeiter oder umgekehrt, sondern beide sind der Dienstleister für den Kunden. (..) Die komplette Führungsdiskussion ist (..) nichts anderes als leere Selbstbefriedigung.“
Damit wird der zentrale Unterschied zwischen Unternehmer und Führungskraft klarer. Führungs- und Fachkräfte arbeiten für den Kunden. Der Unternehmer arbeitet für seinen Nachfolger.
Merath sieht die zentrale Aufgabe der Führungskraft darin, „ein System einzuführen und zu steuern, innerhalb dessen Aufgaben optimal gelöst werden können. Er definiert Abläufe, Strukturen, Standards und kontrolliert deren Einhaltung.“
In diesem Punkt widerspricht der Autor Gerbers Modell, welches die Aufgabe der Standardisierung beim Unternehmer sieht. Er sieht die Aufgaben des Unternehmers stärker auf strategischer, eigentlich normativer Ebene: Vision und Werte, Strategie und Positionierung, externe Energie und Wachstum:
Was ist eine Fachkraft?
Für die Fachkraft ist das Unternehmen der Ort, an dem sie machen kann, was sie gerne tut, nämlich ihre Facharbeit. Frei von jeglichen lästigen Zwängen, wie z.B. Buchhaltung oder Vertrieb.
Mit anderen Worten, die Fachkraft ist der Umsetzer. Der klassische Selbstständige, also selbst und ständig, ist eine Fachkraft, die zusätzlich Aufgaben des Unternehmers und der Führungskraft übernimmt.
Vermischung von Rollen
Das diese Rollendiskussion nicht nur leere Selbstbefriedigung ist, erlebe ich in meiner Praxis immer wieder. Nämliche genau dann, wenn die Rollen nicht klar sind und sich bunt vermischen. Das Ergebnis ist für alle Beteiligten nicht von Vorteil, wie folgende Beispiele zeigen:
- Der Klassiker ist die Führungskraft, die nach wie vor an ihrer Fach- oder Expertenarbeit hängt. Großartige Fachkraft wird zur Führungskraft meint, großartige Fachkraft verloren, schlechte Führungskraft gewonnen.
- Genauso häufig anzutreffen ist der Unternehmer, der nicht loslassen kann und Mikropolitik betreibt. Also die Rolle des Managers (für die Manager) übernimmt. Diese können nichts dagegen sagen, weil es ja sein Unternehmen ist.
- Schlussendlich gibt es Fachkräfte oder Experten, die meinen ihnen gehört das Unternehmen und eigentlich alles besser als ihre Vorgesetzten wissen. Wenn die da oben nur wüssten, dann aber… gar nichts.
Fazit – Was ist ein Unternehmer?
Dank Gerber und Merath kann ich meinen bisherigen Kenntnisstand um folgende Punkte erweitern:
Selbstständige = Fachkraft
Fachkraft und Führungskraft befriedigen Kundenbedürfnisse
Unternehmer arbeiten für ihren Nachfolger
Dr. Patrick Fritz
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