Die zentrale Aufgabe von Führungskräften ist die unmittelbare, absichtliche und zielbezogene Einflussnahme auf Unterstellte. Um es mit einem Wort zu sagen: Verhaltensänderung. In diesem FRITZ Tipp stelle ich dir 4 Möglichkeiten vor, dass Mitarbeiterverhalten zu ändern.
Inhalt
Verhaltensänderung durch eigenes Verhalten
Wenn der Lehrer mit gutem Vorbild vorangeht und Lust am gemeinsamen Lernen zeigt, wird das Einfluss auf das Verhalten der Schüler haben und die Selbstwirksamkeitserwartung der Schüler stärken. Es geht aber auch darum, wie der Lehrer auf gewolltes und ungewolltes Verhalten reagiert.
Jeder von uns kann sich noch erinnern, was ein Lob des Lehrers vor versammelter Klasse für das eigene Selbstbewusstsein bedeutet. Ebenso wie Tadel, wenn das eigene Verhalten nicht passt. Berner spricht von der Macht der Missbilligung. Lehrerverhalten beeinflusst Schülerverhalten. Elternverhalten beeinflusst Kinderverhalten. Führungsverhalten beeinflusst Mitarbeiterverhalten.
Das das Verhalten als Führungskraft, das Verhalten als Mitarbeiter beeinflusst, liegt ein weiterer Hebel in der gezielten Weiterentwicklung des vorhandene Personals. Somit sind wir bei jeder Verhaltensänderung bei Personalentwicklung und Führungskräfteentwicklung angelangt und Themen wie Führungsgrundsätze, Führungsleitbild oder Führungskultur werden wichtig.
Natürlich kann Führungsverhalten gänzlich unpassend sein, was Luhmann bei der Entscheidungsprämisse Personal ahnte. In diesem Fall ist die gezielte Auswahl der richtigen Führungskräfte umso wichtiger. Sowohl bei der Anstellung neuer Führungskräfte als auch bei der internen Beförderung zur Führungskraft. Durch einen neuen Chef können sich Entscheidungsmuster von jetzt auf gleich verändern oder der neue Chef gleicht sich dem vorhandenen Muster an.
Verhaltensänderung durch Einsicht
Zunächst kann der Lehrer versuchen dem Kind zu erklären, warum es wichtig ist zu lernen. Nicht umsonst kennt jeder von uns den Spruch, man lernt fürs Leben und nicht für die Schule. An Fachhochschulen lernt man für den Beruf, nicht für die Schule.
Offensichtlich ein Mittel das viele Lehrer seit Jahrhunderten anwenden. Der Lehrer versuch durch das Gespräch Einsicht und Verständnis beim Schüler zu wecken. Je nach Literatur, wird diesem Ansatzpunkt der größte aber auch der kleinste Nutzen zugeschrieben.

Auf übergeordneter Ebene kann es Einsicht in die geschäftlichen oder sogar gesellschaftlichen Notwendigkeiten geben. Wenn ein berechtigter Sparkurs ausgerufen wird, werden sich viele Mitarbeiter sparsamer verhalten als zuvor, weil es ums geschäftliche Überleben geht.
Wenn die große Internationalisierung ausgerufen wird, werden die Bemühungen um Kunden aus Fernost vermutlich stärker werden, als sie es zuvor waren. Die politische Parole „America First“, könnte ganze Unternehmen dahingehend beeinflussen lieber einen Lieferanten im Inland zu suchen.
Verhaltensänderung durch Konsequenzen
Hilft weder gut zureden noch vorbildliches Verhalten, braucht es Konsequenzen. Das System Schule hat eine ganze Sammlung an Maßnahmen entwickelt, die bekannt sind: Eintrag ins Klassenbuch, blauer Brief sowie Noten für Prüfungen. Und im schlimmsten Fall den Ausschluss aus der Klassengemeinschaft – genannt „sitzen bleiben“.
Sigmund Freud (1856-1939) stellt dazu fest: „Wir streben danach, Freude zu erlangen und Trauer zu vermeiden. Als vorstellungsbegabte Wesen lieben wir die Dinge, von denen wir erwarten, dass sie uns Freude machen, und hassen jene, die Trauer auslösen.“ Wir wollen also unangenehme Konsequenzen vermeiden.

Im Kontext Unternehmen werden der Führungskraft Instrumente an die Hand gegeben, um Verhaltensänderung von Mitarbeitern durch Konsequenzen zu bewirken: Mitarbeiterbeurteilung, Zielvereinbarung (MbO), Mitarbeiterbefragung sowie variable Vergütung. Bereits Hobbes (1588-1679) wusste, bloße Worte können keine Furcht erzeugen.
In manchen Unternehmen wird fast nur noch „controlled“, in anderen Unternehmen ist selbst Führen nach Zielen in Verruf geraten. So oder so – diese Instrumente können die Ziele von Mitarbeitern und damit deren Verhalten definitiv beeinflussen.
Verhaltensänderung durch Rahmenbedingungen des Handelns
Rahmenbedingungen kann man sich am besten anhand von Strukturen, Prozessen und Systemen vorstellen. Wie kann ich Strukturen, Prozesse und Systeme anpassen, um damit gewünschtes Verhalten zu ermöglichen? Hier ein schönes Beispiel wie Verhaltensänderung über Rahmenbedingungen gelingt:
Jede Führungskraft ist sich bewusst wie schnell sich Mitarbeiterverhalten durch Eingriff in die Organisationsstrukturen beeinflussen lässt. Durch ein neues Organigramm ändern sich mit Luhmann gesprochen die Entscheidungsprämisse Kommunikationswege.
Aber auch eine gut gemachte Strategie, kann das Mitarbeiterverhalten verändern – zum Guten wie zum Schlechten. Mit ihr wird entschieden, welches Handeln in Organisationen als richtig oder als falsch anzusehen ist, ähnlich einem IT-System das einen eindeutigen Arbeitsprozess vorgibt.
Darüber hinaus können folgende Rahmenbedingungen auf das Verhalten einwirken: Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitssicherheit, Gehaltsmodelle, Personalauswahl, Beförderungspolitik, Ziele, Standards, Normen, Regeln, Vereinbarungen, Nudging sowie psychologische Sicherheit.
Und was ist mit Einstellungen?
Jeder Leser der sich schon einmal mit Verhaltensänderung beschäftig hat, ist sicherlich auf das berühmt berüchtigte Eisbergmodell gestoßen. An der Oberfläche ist das Verhalten und in der Tiefe des Meeres lauern die tiefen Einstellungen eines jeden Mitarbeiters. Wie sieht es also mit Verhaltensänderung durch Einstellungen aus?

Um es kurz zu machen, dieses Modell ist absoluter Bullshit. Der Anspruch die Einstellungen bei anderen Menschen ändern zu wollen ist zum einen nicht leistbar und zum anderen nicht sinnvoll. Einstellungen sind nämlich nicht zwangsweise an Verhalten gekoppelt!
Die gute Nachricht lautet: Man muss nicht den Menschen mit all seinen Einstellungen und Werthaltungen ändern, um eine konkret gewünschte Verhaltensänderung erreichen zu können, so Berner.
Wer dennoch an den Eisberg glauben möchte, findet in der Hirnforschung Trost. Sie unterscheidet zwischen vermittelnden und modulierenden Schaltkreisen. Der vermittelnde Schaltkreis ist die Werkseinstellung und ruft Verhalten direkt hervor. Der modulierende Schaltkreis überträgt sinnliche Erlebnisse in den anderen Schaltkreis. Erfahrungen ändern die Feinabstimmung unserer Werkseinstellung.
Auf psychologischer oder sozialer Ebene ansetzen?
Wie im Buch Der Streit ums Nadelöhr wunderbar dargestellt, tobt in Theorie und Praxis seit langem ein Streit auf welche Ebene zur Verhaltensänderung am besten angesetzt werden kann. Die Führungskraft als Psychotherapeut würden wohl das gute Gespräch suchen und auf Einsicht hoffen, während der Soziologe lieber bei den Spielregeln (Entscheidungsprämissen) der sozialen Interaktion ansetzen.
Schulz von Thun bringt es in Kommunikation als Lebenskunst wie folgt auf den Punkt: „Ich halte es unter allen Umständen für lohnend, sich den individualdiagnostischen Blick zu bewahren und eben nicht jedes Verhalten systemisch zu erklären und dann zu betonen: Gut, da sitzt nun jemand, der nervt. Aber es ist eben seine ihm zugewachsene Rolle im Team, hier den Bösewicht zu spielen“.
König und Vollmer ergänzen sinnvoll: „Sicherlich entwickeln soziale Systeme auf der Basis von Regeln und Regelkreisen des Kommunikationssystems eine Eigendynamik (..). Zugleich sind aber soziale Systeme immer auch Personensysteme (..), die soziale Systeme durch ihr Handeln aber auch verändern können“. Abhängig von der Größe des Systems ist dieser Gegenseitige Einfluss mal größer, mal kleiner.
Fazit – 4 Möglichkeiten der Verhaltensänderung
Verhaltensänderung beim Mitarbeiter kann mittels eigenem Verhalten als Führungskraft, Einsicht, Konsequenzen und Rahmenbedingungen herbeigeführt werden. Dabei dürfen äußere Faktoren, wie z.B. das soziale Umfeld niemals vergessen werden. Manchmal hilft das bester Verhalten als Führungskraft nichts, wenn der Fehler bereits bei der Mitarbeiterauswahl geschehen ist. Umgekehrt gilt natürlich dasselbe.
Dr. Patrick Fritz
Kommentar verfassen