Die Trauerkurve beschreibt das emotionale Erleben von Menschen in Veränderungsprozessen. Die darin aufgezeigten 7 Phasen der Trauer wurden von Elisabeth Kübler-Ross 1969 veröffentlicht und beruhen auf zahlreichen Interviews mit Sterbenden und Trauernden. Dazu alles wichtige in diesem FRITZ Tipp.
Inhalt
75% aller Change Projekte scheitern
Es ist wohl kein Geheimnis, viele Veränderungsvorhaben gehen schief. Die auf vier Jahre angelegte Studie von Anand und Basoux im Harvard Business Review legt nahe, dass etwas 75% der untersuchten Veränderungsbemühungen entweder nicht den erwarteten Nutzen bringen oder aufgegeben werden.
„Experten-Plattformen gibt es viele, aber nur wenige sind in der Lage über Jahre das Niveau von FRITZ Führungskreise beizubehalten. Ausgewählte Gastreferenten, interessante Fallbeispiele und nicht zuletzt die hohe Fachkompetenz von Patrick Fritz, macht diese Plattform zu etwas besonderem. Dabei schafft Patrick durch seine offene Art eine vertrauensvolle Kultur, in der ein ehrlicher Austausch möglich ist.“
Trauerkurve zeigt Emotionen auf
Die Trauerkurve beschreibt das emotionale Erleben von Menschen in Veränderungsprozessen. Dieser 7-stufige Prozess wurde von Elisabeth Kübler-Ross 1969 veröffentlicht und beruht auf zahlreichen Interviews mit Sterbenden und Trauernden.
Das nachfolgende Schaubild von Dr. Andrea Kaiser gibt einen Überblick zur Trauerkurve. Auf der X-Achse ist die Zeit aufgetragen, auf der Y-Achse die Produktivität der betroffenen Personen. Welche Trauerphasen macht ein Mensch auf der emotionalen Ebene durch, wenn er mit einer Veränderung konfrontiert ist?




Schock
Am Anfang steht eine negative Vorahnung, eine Sorge, die plötzlich real wird. Die Folge ist erst einmal Schock. Veränderung ist emotional immer ein Schock. Die Schwere des Schocks ist davon abhängig, welche Auswirkungen eine Veränderung für den Betroffenen mit sich bringt. Der Mensch ist und bleibt ein Gewohnheitstier.
Leugnung
Auf den Schock folgt eine heftige Abwehr-Reaktion. Die betroffenen Mitarbeiter wollen nämlich zeigen, dass alles gut ist, wie es jetzt gerade ist. Damit verbunden ist immer auch ein Stück Verdrängung: „Davon bin ich sicherlich nicht betroffen, das geht nur die Anderen etwas an“. Verneinung und Widerstand sind völlig normale Reaktionen.
Trauer
Nach Schock und Abwehr-Reaktion folgt Trauer. In schlimmen Fällen sogar Depression. Gerne auch Tal der Tränen innerhalb der Trauerkurve genannt. In dieser Phase ist es nicht möglich etwas bewegen zu wollen. Die Produktivität ist am Boden. Als Führungskraft gilt es Feingefühl walten zu lassen, um die Mitarbeiter nicht zu überfordern.
Abschied
Der Trauer folgt innerlicher Abschied: „Ja, ich lasse das Alte los – es ist aus und vorbei – ich muss mich mit den neuen Gegebenheiten auseinandersetzen“. Auf rationaler, nicht emotionaler, Ebene wird die Entscheidung zur Veränderung akzeptiert. Auch hier hat es keinen Sinn, wenn die Führungskraft versucht von außen zu motivieren. Die Veränderungsbereitschaft ist nach wie vor im Keller.
Akzeptanz
Ich stelle mich langsam auf die neue Situation ein. Die Akzeptanz der neuen Situation auf emotionaler Ebene tritt ein. Die Veränderungsbereitschaft erhöht sich langsam. Nun ist es als Führungskraft an der Zeit Perspektiven aufzuzeigen. Die Energie ist jetzt sinnvoll investiert. Davor ist es nicht machbar in die Zukunft zu blicken.
Ausprobieren
Ich versuche mich mit den neuen Gegebenheiten anzufreunden. Vielleicht hat die Veränderung auch ihr Gutes. Einfach mal was Neues probieren und prüfen wie es mir damit geht. Warum nicht? Rückschläge aber auch Erfolge gehören mit dazu. Das Einfinden in der neuen Rolle oder Position beginnt.
Sich einschwingen
Ich habe mich mit der neuen Situation vertraut gemacht. Vielleicht mit der neuen Rolle oder Organisationsstruktur. Die veränderte Situation ist zur Normalität geworden. Nun gilt es sich einzuschwingen, damit in Zukunft alles glatt läuft und Stabilität einkehren kann… bis zur nächsten Veränderung!
Die 5 zentralen Gefahren der Trauerkurve
Aus dieser Betrachtung ergeben sich fünf zentrale Gefahren, die Führungskräfte in ihrer Rolle als Change Leader in Veränderungsprozessen beachten müssen, um heil durch die Trauerkurve zu kommen:
- Transparenz: Zu späte oder unklare Kommunikation der anstehenden Veränderung verlängert den Schock-Zustand unnötig. Klatsch und Tratsch nehmen überhand.
- Glaubwürdigkeit: Wenn die Produktivität unerwartet steigt, handelt es sich um eine natürliche Reaktion auf die Veränderung. Beim ersten Widerstand einzuknicken und alles abzublasen wäre ein großer Fehler, der die eigene Glaubwürdigkeit enorm beschädigt.
- Plattform für Emotionen: Wenn Produktivität und Stimmung im Keller sind, lohnt es sich nicht, aufmunternde Sprüche zu reisen. Hier gilt es den Emotionen eine Plattform zu geben und berechtigte Trauer zuzulassen. Schließlich war früher nicht alles schlecht. Es lohnt sich, im Tal der Tränen darum zu trauern.
- Beteiligung: Ich bin kein Freund von unreflektierter Beteiligung. Vor allem wenn es darum geht, Verantwortung für die inhaltliche Ausrichtung zu delegieren. Wenn es aber um die Ausgestaltung der gesetzten Veränderungsziele geht, kann Beteiligung zum Erfolgsfaktor werden.
- Zeit: Größere Veränderungsprozesse können bis zu 18, max. 24 Monate dauern. Nur weil man am Gras zieht, wächst es auch nicht schneller. Soll heißen: Führungskräfte müssen der Veränderung die notwendige Zeit einräumen.
ACHTUNG! 10-20% werden nie im Boot sein
Wie schnell die sieben Trauerphasen durchlaufen werden und wie ausgeprägt die Höhen und Tiefen sind, hängt von jedem Einzelnen ab. Aus dieser Erkenntnis könnte man als Führungskraft schließen, dass man nur lange genug warten muss, bis alle Mitarbeiter durch die Trauerkurve hindurch sind. Die Widerstände lösen sich von selbst auf. FEHLER!
10-20% der Betroffenen einer Veränderung werden immer begeistert sein. Häufig die Leute die sich durch die Veränderung eine Verbesserung versprechen. Ebenso werden 10-20% der Betroffenen sich partout nicht für die Veränderung begeistern können (siehe dazu Systemprinzipien). Auch in diesen Fall wahrscheinlich die Leute, die sich eine Verschlechterung durch den Change erwarten. Die Mehrheit der Betroffenen hat ein Fragezeichen auf der Stirn und ist unentschlossen.




Aus dieser Betrachtung ergibt sich eine zentrale Gefahr, die Führungskräfte beachten müssen: Man fokussiert sich ausschließlich auf die Gegner der Veränderung. Die Leute die also Wind machen und in offene Oppositionen treten.
Wenn man seine eigene Energie zu stark auf die Gegner lenkt, besteht die Gefahr, dass die Fragezeichen ebenfalls in diese Richtung schwappen. Dabei gibt es genauso viele Fürsprecher, denen nur eine geeignete Bühne geschaffen werden muss, um die Fragezeichen in diese Richtung zu bewegen.
Top 7 Tipps für Führungskräfte
Basierend auf der wegweisenden Arbeit von Elisabeth Kübler-Ross zur Trauerkurve und aktuellen Erkenntnissen aus der Veränderungsforschung und Praxis, gebe ich dir als Führungskraft 7 Tipps für die Führung deiner Mitarbeiter in Veränderungsprozessen an die Hand:
- Transparenz und klare Kommunikation: Stelle sicher, dass du Veränderungen rechtzeitig und klar kommunizierst, um unnötigen Schock und Gerüchten entgegenzuwirken.
- Behalte deine Glaubwürdigkeit: Bleibe standhaft, auch wenn es Widerstand gibt. Die Mitarbeiter erwarten, dass du als Change Leader hinter der Veränderung stehst.
- Zeige Feingefühl und gib Emotionen Raum: In der Trauerphase sollten Mitarbeiter ihre Gefühle ausdrücken können. Sei einfühlsam und unterstütze sie dabei.
- Beteiligung als Erfolgsfaktor: Beteilige Mitarbeiter bei der Ausgestaltung der Veränderungsziele, um ihr Engagement zu fördern. Allerdings sollte die inhaltliche Ausrichtung nicht delegiert werden.
- Geduld und Zeit: Größere Veränderungsprozesse dauern ihre Zeit. Gib den Mitarbeitern Raum, um sich mit den neuen Gegebenheiten anzufreunden und einzuschwingen.
- Zeige Perspektiven auf: Sobald die Akzeptanzphase erreicht ist, präsentiere den Mitarbeitern die Chancen und Möglichkeiten, die die Veränderung mit sich bringt.
- Fokussiere nicht nur auf Gegner: Konzentriere dich nicht ausschließlich auf die Mitarbeiter, die Widerstand leisten. Unterstütze auch die Fürsprecher und gebe ihnen eine Bühne, um andere zu beeinflussen.
Als Führungskraft ist es entscheidend, die emotionalen Phasen der Trauerkurve zu verstehen und sensibel auf die Mitarbeiter zu reagieren, um den Erfolg von Veränderungsprozessen zu gewährleisten.
FAQ zur Trauerkurve
Fazit – Trauerkurve nach Kübler-Ross
Versuche als Führungskraft deine Mitarbeiter in der Trauerkurve einzuordnen. Naturgemäß hat die Führungskraft die Trauerkurve bereits durchlaufen. Während der Mitarbeiter noch in der Trauerphase steckt. Immerhin wurde er gerade erst informiert, während die Führungskraft mit dem Thema durch ist. Somit ergibt sich Orientierung für den richtigen Zeitpunkt, wann bestimmte Aufgaben im Change-Prozess angepackt werden können und müssen.
Dr. Patrick Fritz
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