Transformationale Führung ist ein Führungsstil, bei dem durch das Verändern der Werte und Ziele des Geführten eine zusätzliche Leistungssteigerung erreicht werden soll. Das Konzept geht auf Bernard M. Bass zurück. Ihn interessierte, wie Führer ihre Gefolgschaft beeinflussen. Dazu übertrug er 1985 die Gedanken James MacGregor Burns auf die Führung von Mitarbeitern und erweiterte sie zur Theorie der transformierenden Führung.
Inhalt
Was ist Transformationale Führung?
Bass und Avolio folgend, lässt sich der transformationaler Führungsstil folgendermaßen charakterisieren:
- Charisma: Die Führungskraft besitzt eine außergewöhnliche Ausstrahlung und die Fähigkeit Mitarbeiter zu begeistern.
- Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaubwürdigkeit: Die Führungskraft wird von ihren Mitarbeitern als besonderes Vorbild wahrgenommen.
- Motivation durch begeisternde Visionen: Die Führungskraft begeistert mit attraktiven Visionen und steht selbst vollkommen dahinter.
- Anregung von kreativem und innovativem Denken: Die Führungskraft regt Mitarbeiter zu innovativem Denken an, indem sie bisherige Vorgehensweisen immer wieder hinterfragt.
- Individuelle Unterstützung und Förderung: Die Führungskraft geht auf die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter ein, um Fähigkeiten gezielt zu stärken.
Schein beschreibt transformationale Führungspersönlichkeiten in ähnlicher Weise als visions- und missionsorientiert (Punkt 1+3), sowie individuell und entwicklungsorientiert (Punkt 4+5). Ergänzend nennt er Zukunfts- und Veränderungsorientierung.
Kurt Lewin würde den transformationalen Führungsstil am ehesten mit dem kooperativen Führungsstil vergleich. Max Weber mit dem charismatischen Führungsstil. Die Komponente der individuellen Unterstützung und Förderung bezeichnet Robert House als supportive leadership.
Transformative Führung = Emotionale Führung?
Transformationale Führungskräfte gehen auf die persönlichen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter ein. Dabei spielt die emotionale Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter eine wesentliche Rolle.
Baruch de Spinoza (1632-1677) erkannte bereits früh, was einmal eine negative Erfahrung ausgelöst hat, wird lange damit verbunden – und umgekehrt. In diesem Sinne könnte man bei transformationaler Führung von Führung durch bewusste Gestaltung der Emotionen sprechen.
Der amerikanische Psychologe Daniel Goleman spricht explizit von emotionaler Führung. Die Führungskraft geht auf die emotionalen Bedürfnisse seiner Mitarbeiter ein. Wobei emotionale Führung nie als alleiniger Führungsstil verstanden, sondern immer in Kombination mit anderen gesehen wird.
Der angesehene Neurobiologe Gerald Hüther legt nach. Damit im Hirn langfristig etwas verankert werden kann, muss es unter die Haut gehen. Neurobiologisch bedeutet das, dass es zu einer Aktivierung der emotionalen Zellen und damit zur Freisetzung neuroplastischer Botenstoffe im Hirn kommt. Diese Botenstoffe wirken wie Dünger im Hirn.
Transformationale Führung umfasst die Erkenntnisse von Spinoza, Goleman und Hüther, geht aber darüber hinaus. Neben der emotionalen Bezogenheit auf den Mitarbeiter, sind Charisma, Vorbildlichkeit und Vision gefragt.
Wie wirkt transformationale Führung?
Auf Basis empirischer Untersuchungen konnten positive Zusammenhänge zwischen transformationaler Führung und einer Vielzahl von Ergebniskriterien bestätigt werden (Dumdum & Lowe & Avolio 2002; Eagly & Johannesen-Schmit & Van Engen 2003; Felfe & Heinitz 2010; Judge & Piccolo 2004). Zu diesen Ergebniskriterien zählen u.a.
- Extra Effort: Zusätzliche Leistungsbereitschaft beim Mitarbeiter.
- Effectiveness: Wahrgenommene Effektivität des Führungsverhaltens.
- Satisfaction: Zufriedenheit mit der Führungskraft.
Es gibt folglich einen positiven Zusammenhang zwischen transformationaler Führung und der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, der wahrgenommen Leistung der Führungskraft sowie der Zufriedenheit mit der Führungskraft.
Transformationale Führung kann auf Basis dieser Konzeptualisierung gemessen werden. Mehr dazu im weiterführenden FRITZ Tipp „Führung messen„.
Transformationaler Führungsstil: Vorteile und Nachteile
Die Verbreitung einer gemeinsamen Vision durch die charismatische Führungskraft beeinflusst Mitarbeiter, sachbezogene Aufgaben und Ziele intrinsisch erreichen zu wollen.
Hersey und Blanchard (1977) würden aufbauend auf der Ohio-Studie von einem Mitarbeiter mit einem hohen Reifegrad hinsichtlich seiner Fähigkeiten und Motivation ausgehen und einen beziehungsorientierten Führungsstil empfehlen (Quadrant links/oben).
Vorteile bietet der transformationale Führungsstil bei komplexen Aufgaben. Starre Regeln und Strukturen sind für den Arbeitsprozess hinderlich. 80% der Aufgaben in einem Unternehmen sind jedoch einfach oder kompliziert.
Damit sind wir auch beim größten Nachteil transformationaler Führung. Das ewige Gerede über Visionen kann auch hinderlich sein, wenn der Arbeitsprozess aus Routineaufgaben besteht. Schau dir dazu das CYNEFIN Experiment als Video an:
Der größte Nachteil des transformationalen Führungsstil ist mit Sicherheit die Abhängigkeit in die sich die Organisation von solchen Führungskräften gibt. Luhmann formuliert es sehr trocken aber richtig, da die Folgebereitschaft der Mitglieder über Geldzahlungen sichergestellt wird, kann die Organisation auf charismatische Führer verzichten.
Beispiel für Transformationale Führung
Die Mitarbeiterin eines Unternehmens hat einen fixen Zahltag, der dem Durchschnitt der Branche entspricht. Oft wird sie mit Planänderungen oder unvorhersehbaren Aufgaben konfrontiert. Manche Arbeitstage sind länger, andere dafür kürzer.
Ihr Chef, ein Visionär, führt das Team nicht über Geld. Vielmehr beeinflusst er seine Kollegen durch seine Vision und durch das Erzeugen von Emotionen. Er zeigt Ihnen den Weg zum Ganzen und lädt die Mitarbeiter ein, an der Kultur mitzuwirken.
Damit die Führungskraft solche transformationale Eigenschaften entwickeln kann, braucht es den Forschungen von Tracy C. Gibbons bei der Digital Equipment Corporation (DEC) zufolge ein spezielles Umfeld. Dabei hebt sie folgende Faktoren hervor:
- Eine Kultur, die stark macht.
- Schnelles Wachstum.
- Die besten Leute anwerben, anziehen und einstellen.
- Persönlich und beruflich erwachsen werden.
- Großer Wert auf individuelle Entwicklung legen.
Fazit: Transformationale Führung
Seit Mitte der 80er Jahre rücken Ansätze zur charismatischen Führung in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses (Bass 1985; Tichy & Devanna 1986; Conger & Kanungo 1988). Bei der Diskussion rund um Transformationale Führung geht es im Kern um herausragende Führungspersönlichkeiten mit angeborenen Eigenschaften und Fähigkeiten. In Kombination mit besonderen Verhaltensweisen, wie z.B. das Formulieren von inspirierenden Zielen und Visionen.
Dr. Patrick Fritz
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