Im Rahmen des Führungskreises Produktion stellte ein Teilnehmer die Frage: „Was, wenn traditionelle Führung nicht mehr genügt?“ Angeregt durch Referent Roger Romano wurden Transaktionale Führung und Transformationale Führung gegeneinander abgewägt. Der folgende Beitrag stellt auf Grundlage dieser Diskussion beide Führungsstile gegenüber und erläutert diese anhand von Beispielen.
Inhalt
Was ist Transaktionale Führung?
Transaktionale Führung ist ein Führungsstil der sich durch klare Regeln, Strukturen und Ziele auszeichnet. Der Mitarbeiter macht, was der Vorgesetzte von ihm erwartet. Dabei liegt der umgesetzten Arbeit der Tauschgedanke zugrunde. Also eine Input-Output-Beziehung nach dem Prinzip Geben und Nehmen. Wenn ich meine Arbeitszeit zur Verfügung stelle bzw. vorgegebene Ziele erreiche, bekomme ich dafür Geld.
Der Mitarbeiter fungiert in seiner Rolle als rationaler Entscheider, der den Weg zum Ziel verfolgt (Homo oeconomicus). Entlohnt werden transaktional geführte Personen extrinsisch. Das heißt durch Geld und Aufstiegsmöglichkeiten in der Hierarchie. Kurt Lewin würde in Bezug auf das Führungsverhalten wohl am ehesten vom autoritären Führungsstil sprechen.
Bernard M. Bass übertrug 1985 die Gedanken James MacGregor Burns auf die Führung von Mitarbeitern und erweiterte dessen Theorie zur transformierenden Führung, indem er den zugrundeliegenden psychologischen Mechanismus genauer untersuchte. Als Formen transaktionaler Führung unterscheiden Bass und Avolio:
- Leistungsorientierte Belohnung: Die Führungskraft klärt Erwartungen, vereinbart Ziele und stellt entsprechende Belohnungen in Aussicht.
- Führung durch aktive Kontrolle: Die Führungskraft kontrolliert die Prozesse permanent und greift bei Abweichungen ein.
- Führung durch Eingreifen im Bedarfsfall: Erst wenn Fehler oder Probleme ein Eingreifen unbedingt erforderlich machen, wird die Führungskraft aktiv.
Transaktionaler Führungsstil: Vorteile und Nachteile
Klare Regeln und definierte Ziele führen bei Mitarbeitern zu Handlungssicherheit. Besonders wirksam kann das bei Routinetätigkeiten sein. Hersey und Blanchard (1977) würden von einem Mitarbeiter mit einem niedrigen Reifegrad hinsichtlich seiner Fähigkeiten und Motivation ausgehen und einen aufgabenorientierter Führungsstil empfehlen (Quadrant rechts/unten).
Der Nachteil der transaktionalen Führung besteht darin, dass Mitarbeiter gewohnt sind, für gute Leistung etwas zu bekommen. Und bei schlechter Leistung sanktioniert zu werden. Stumpft der Reiz der Belohnung oder Bestrafung ab, geht die Motivation verloren. Die finanzielle Belohnung fortwährend zu erhöhen ist nicht möglich. Aufstiegsmöglichkeiten können nicht immer geboten werden.
Beispiel für Transaktionale Führung
Die Vorgaben für einen Fabrikarbeiter sind klar. Die Schicht beginnt um 7:00 Uhr und endet acht Stunden später. Von 12:00 bis 12:45 Uhr ist Mittagspause. Bei Betreten und Verlassen des Arbeitsplatzes muss gestempelt werden. Die Aufgaben des Mitarbeiters beschränken sich auf das Stanzen von Metallteilen. Achthundert Teile muss er pro Tag mindestens fertigen. Die Produktivität wird elektronisch erfasst. Erreicht er das vorgegebene Arbeitspensum, bekommt er am Ende des Monats als „Belohnung“ seinen Lohn. Hat er wesentlich mehr produziert als vorgegeben, bekommt er eine Zulage. Liegt seine Ausbeute dauerhaft unter der vorgegebenen Menge, wird der Mitarbeiter ersetzt.
Was ist Transformationale Führung?
Bei der transformationalen Führung steht die Vision der gemeinsamen Arbeit im Vordergrund. Das heißt Mitarbeiter, die auf diese Weiße geführt werden, verfolgen durch ihre Handlung nicht nur ihre eigenen Interessen (Input-Output-Beziehung), sondern höhere Ziele.
Transformationale Führung versucht durch das Verändern der Werte und Ziele des Geführten eine zusätzliche Leistungssteigerung zu erreichen (lat.: transformare – umformen, umgestalten). Die emotionale Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter spielt dabei eine wesentliche Rolle. Kurt Lewin würde wohl am ehesten vom kooperativen Führungsstil sprechen. Max Weber vom charismatischen Führungsstil. Die Komponente der individuellen Unterstützung und Förderung bezeichnet House (1996) als supportive leadership. Bass und Avolio folgend, lässt sich Transformationale Führung folgendermaßen charakterisieren:
- Charisma: Die Führungskraft besitzt eine außergewöhnliche Ausstrahlung und die Fähigkeit Mitarbeiter zu begeistern.
- Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaubwürdigkeit: Die Führungskraft wird von ihren Mitarbeitern als besonderes Vorbild wahrgenommen.
- Motivation durch begeisternde Visionen: Die Führungskraft begeistert mit attraktiven Visionen und steht selbst voll und ganz dahinter.
- Anregung von kreativem und innovativem Denken: Die Führungskraft regt Mitarbeiter zu innovativem Denken an, indem sie bisherige Vorgehensweisen immer wieder hinterfragt.
- Individuelle Unterstützung und Förderung: Die Führungskraft geht auf die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter ein, um Fähigkeiten gezielt zu stärken.
Transformationaler Führungsstil: Vorteile und Nachteile
Die Verbreitung einer gemeinsamen Vision durch die charismatische Führungskraft beeinflusst Mitarbeiter, sachbezogene Aufgaben und Ziele intrinsisch erreichen zu wollen. Hersey und Blanchard (1977) würden von einem Mitarbeiter mit einem hohen Reifegrad hinsichtlich seiner Fähigkeiten und Motivation ausgehen und einen mitarbeiterorientierten Führungsstil empfehlen (Quadrant links/oben).
Anwendung findet der transformationale Führungsstil oft bei komplexen Aufgaben. Starre Regeln und Strukturen sind für den Arbeitsprozess hinderlich. 80% der Aufgaben in einem Unternehmen sind jedoch einfach oder kompliziert. In diesem Fall kann das ewige Gerede über Visionen auch hinderlich sein. Schau dir dazu das CYNEFIN-Experiment als Video an:
Beispiel für Transformationale Führung
Die Mitarbeiterin eines Unternehmens hat einen fixen Zahltag, der dem Durchschnitt der Branche entspricht. Oft wird sie mit Planänderungen oder unvorhersehbaren Aufgaben konfrontiert. Manche Arbeitstage sind länger, andere dafür kürzer. Ihr Chef, ein Visionär, führt das Team nicht über Geld. Vielmehr beeinflusst er seine Kollegen durch seine Vision und durch das Erzeugen von Emotionen. Er zeigt Ihnen den Weg zum Ganzen und lädt die Mitarbeiter ein, an der Kultur mitzuwirken.
Fazit: Transaktionale Führung vs Transformationale Führung
Seit Mitte der 80er Jahre rücken Ansätze zur charismatischen Führung in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses (Bass 1985; Tichy & Devanna 1986; Conger & Kanungo 1988). Bei der Diskussion Transaktionale Führung vs Transformationale Führung geht es im Kern um eine herausragenden Führungspersönlichkeit mit angeborenen Eigenschaften und Fähigkeiten. In Kombination mit besonderen Verhaltensweisen, wie z.B. das Formulieren von inspirierenden Zielen und Visionen.
Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass s0wohl transaktionale Führung, als auch transformationale Führung zum gewünschten Führungserfolg führen können. Wie das Messinstrument „full range of leadership“ zeigt, wirken Transaktionale Führung und Transformationale Führung als sich ergänzende Verhaltenseigenschaften einer Führungskraft.
Transaktionales Führen ist durch klare Regeln, Strukturen und Ziele geprägt und häufig in einer Arbeitsumgebung mit standardisierten Prozessen im Einsatz. Bei der transformationalen Führung steht die Beziehung zwischen der charismatischen Führungskraft und dem intrinsisch motivierten Mitarbeiter im Vordergrund. Transformationale Führung kommt eher bei komplexen, nicht routinemäßigen Aufgaben zum Einsatz.
Dr. Patrick Fritz
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