Im Rahmen des Führungskreises Produktion stellte ein Teilnehmer die Frage: „Was, wenn traditionelle Führung nicht mehr genügt“? Angeregt durch Referent Roger Romano wurden Transaktionale Führung und Transformationale Führung scharf diskutiert. Der folgende FRITZ Tipp stellt auf Grundlage dieser Diskussion beide Führungsstile gegenüber und erläutert sie anhand von Beispielen.
Inhalt
Was ist Transaktionale Führung?
Transaktionale Führung ist ein Führungsstil der sich durch klare Regeln, Strukturen und Ziele auszeichnet. Der Mitarbeiter macht, was der Vorgesetzte von ihm erwartet. Dabei liegt der umgesetzten Arbeit der Tauschgedanke zugrunde. Also eine Input-Output-Beziehung nach dem Prinzip Geben und Nehmen. Wenn ich meine Arbeitszeit zur Verfügung stelle bzw. vorgegebene Ziele erreiche, bekomme ich dafür Geld.
Der Mitarbeiter fungiert in seiner Rolle als rationaler Entscheider, der den Weg zum Ziel verfolgt (Homo oeconomicus). Entlohnt werden transaktional geführte Personen extrinsisch. Das heißt durch Geld und Aufstiegsmöglichkeiten in der Hierarchie. Kurt Lewin würde in Bezug auf das Führungsverhalten wohl am ehesten vom autoritären Führungsstil sprechen. Schau dir das dazu passende Video an:
Edgar H. Schein beschreibt transaktionale Führungspersönlichkeiten als ziel- und strategieorientiert, sowie tages- und betriebsorientiert. Zudem spricht er ihnen ab, risikofreudig zu sein:

Bernard M. Bass übertrug 1985 die Gedanken James MacGregor Burns auf die Führung von Mitarbeitern und erweiterte diese zur Theorie der transformierenden Führung, indem er den zugrundeliegenden psychologischen Mechanismus genauer untersuchte. Als Formen transaktionaler Führung unterscheiden Bass und Avolio:
- Leistungsorientierte Belohnung: Die Führungskraft klärt Erwartungen, vereinbart Ziele und stellt entsprechende Belohnungen in Aussicht.
- Führung durch aktive Kontrolle: Die Führungskraft kontrolliert die Prozesse permanent und greift bei Abweichungen ein.
- Führung durch Eingreifen im Bedarfsfall: Erst wenn Fehler oder Probleme ein Eingreifen unbedingt erforderlich machen, wird die Führungskraft aktiv.
„Sehr praxisnah und somit wirklich greifbar werden Themen im Berufsalltag mit MitarbeiterInnen und Kollegen/Kolleginnen herangeführt. Die Tage im Führungskreis für High Potentials sind absolut faktenbasiert, auch provozierend und vor allem menschlich gestaltet. So kommt man mit handfesten Grundlagen im Alltag weiter und entwickelt sehr schnell, ein persönliches Gefühl für seinen eigenen Führungsstil. Egal ob man bereits Führungskraft ist oder noch auf dem Weg dorthin – von Termin zu Termin erkennt man sehr schnell wo das eigene Potential steckt und wohin die Reise für Jeden individuell hingehen kann. Mir gefällt besonders der Mix an unterschiedlichen und spannenden Persönlichkeiten an Referenten/Referentinnen als auch TeilnehmerInnen aus unterschiedlichsten Positionen und Branchen.“
Transaktionaler Führungsstil: Vorteile und Nachteile
Klare Regeln und definierte Ziele führen bei Mitarbeitern zu Handlungssicherheit. Besonders wirksam kann das bei Routinetätigkeiten sein. Hersey und Blanchard (1977) würden aufbauend auf der Ohio-Studie von einem Mitarbeiter mit einem niedrigen Reifegrad hinsichtlich seiner Fähigkeiten und Motivation ausgehen und einen aufgabenorientierten Führungsstil empfehlen (Quadrant rechts/unten).

Der Nachteil der transaktionalen Führung besteht darin, dass Mitarbeiter gewohnt sind, für gute Leistung etwas zu bekommen. Und bei schlechter Leistung sanktioniert zu werden. Stumpft der Reiz der Belohnung oder Bestrafung ab, geht die Motivation verloren. Die finanzielle Belohnung fortwährend zu erhöhen ist nicht möglich. Aufstiegsmöglichkeiten können nicht immer geboten werden.
„Der Führungskreis Einkauf gibt mir die Möglichkeit, praxisorientiert und Abseits von theoretischen Modellen, Problemstellungen zu diskutieren und Lösungen zu erarbeiten. Unabhängig vom Unternehmen, haben wir meist alle dieselben oder zumindest ähnliche Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. In Gesprächen untereinander entfaltet sich plötzlich dieses Out-Of-The-Box-Denkmodell zu seiner vollen Blüte.“
Beispiel für Transaktionale Führung
Die Vorgaben für einen Fabrikarbeiter sind klar. Die Schicht beginnt um 7:00 Uhr und endet acht Arbeitsstunden später. Von 12:00 bis 12:45 Uhr ist Mittagspause. Bei Betreten und Verlassen des Arbeitsplatzes muss gestempelt werden. Die Aufgaben des Mitarbeiters beschränken sich auf das Stanzen von Metallteilen. Achthundert Teile muss er pro Tag mindestens fertigen.
Die Produktivität wird elektronisch erfasst. Erreicht er das vorgegebene Arbeitspensum, bekommt er am Ende des Monats als Belohnung seinen Lohn. Hat er wesentlich mehr produziert als vorgegeben, bekommt er eine Zulage. Liegt seine Ausbeute dauerhaft unter der vorgegebenen Menge, wird der Mitarbeiter ersetzt. Ich muss bei dieser Beschreibung unmittelbar an Charlie Chaplin denken:
Was ist Transformationale Führung?
Bei der transformationalen Führung steht die Vision der gemeinsamen Arbeit im Vordergrund. Das heißt Mitarbeiter, die auf diese Weiße geführt werden, verfolgen durch ihre Handlung nicht nur ihre eigenen Interessen (Input-Output-Beziehung), sondern höhere Ziele.

Transformationale Führung versucht durch das Verändern der Werte und Ziele des Geführten eine zusätzliche Leistungssteigerung zu erreichen (lat.: transformare – umformen, umgestalten). Kurt Lewin würde am ehesten vom kooperativen Führungsstil sprechen. Max Weber vom charismatischen Führungsstil. Die Komponente der individuellen Unterstützung und Förderung bezeichnet House (1996) als supportive leadership.
Edgar H. Schein beschreibt transformationale Führungspersönlichkeiten als visions- und missionsorientiert, sowie individuell und entwicklungsorientiert. Hinzu kommen Zukunfts- und Veränderungsorientierung. Bass und Avolio folgend, lässt sich Transformationale Führung folgendermaßen charakterisieren:
- Charisma: Die Führungskraft besitzt eine außergewöhnliche Ausstrahlung und die Fähigkeit Mitarbeiter zu begeistern.
- Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaubwürdigkeit: Die Führungskraft wird von ihren Mitarbeitern als besonderes Vorbild wahrgenommen.
- Motivation durch begeisternde Visionen: Die Führungskraft begeistert mit attraktiven Visionen und steht selbst vollkommen dahinter.
- Anregung von kreativem und innovativem Denken: Die Führungskraft regt Mitarbeiter zu innovativem Denken an, indem sie bisherige Vorgehensweisen immer wieder hinterfragt.
- Individuelle Unterstützung und Förderung: Die Führungskraft geht auf die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter ein, um Fähigkeiten gezielt zu stärken.
Transaktionale Führung und Transformationale Führung messen
Transformationale Führung = Emotionale Führung?
Transformationale Führungskräfte gehen auf die persönlichen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter ein. Die emotionale Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeiter spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Baruch de Spinoza (1632-1677) erkannte bereits früh, was einmal eine negative Erfahrung ausgelöst hat, wird lange damit verbunden – und umgekehrt. In diesem Sinne könnte man bei transformationaler Führung von Führung durch bewusste Gestaltung der Emotionen sprechen.
Der amerikanische Psychologe Daniel Goleman spricht explizit von emotionaler Führung. Die Führungskraft geht auf die emotionalen Bedürfnisse seiner Mitarbeiter ein. Wobei emotionale Führung nie als alleiniger Führungsstil verstanden, sondern immer in Kombination mit anderen gesehen wird.
Der angesehene Neurobiologe Gerald Hüther legt nach. Damit im Hirn langfristig etwas verankert werden kann, muss es unter die Haut gehen. Neurobiologisch bedeutet das, dass es zu einer Aktivierung der emotionalen Zellen und damit zur Freisetzung neuroplastischer Botenstoffe (Weichmacher) im Hirn kommt. Diese Botenstoffe wirken wie Dünger im Hirn.
Transformationale Führungskräfte umfasst meiner Meinung die Erkenntnisse von Spinoza, Goleman und Hüther, geht aber darüber hinaus. Neben der Bezogenheit auf den Mitarbeiter, sind Charisma, Vorbildlichkeit und Vision gefragt.Transformationaler Führungsstil: Vorteile und Nachteile
Die Verbreitung einer gemeinsamen Vision durch die charismatische Führungskraft beeinflusst Mitarbeiter, sachbezogene Aufgaben und Ziele intrinsisch erreichen zu wollen. Hersey und Blanchard (1977) würden von einem Mitarbeiter mit einem hohen Reifegrad hinsichtlich seiner Fähigkeiten und Motivation ausgehen und einen mitarbeiterorientierten Führungsstil empfehlen (Quadrant links/oben).
Anwendung findet der transformationale Führungsstil oft bei komplexen Aufgaben. Starre Regeln und Strukturen sind für den Arbeitsprozess hinderlich. 80% der Aufgaben in einem Unternehmen sind jedoch einfach oder kompliziert. In diesem Fall kann das ewige Gerede über Visionen auch hinderlich sein. Schau dir dazu das CYNEFIN-Experiment als Video an:
Der größte Nachteil des transformationalen Führungsstil ist mit Sicherheit die Abhängigkeit, in die sich die Organisation von solchen Führungskräften gibt. Luhmann formuliert es sehr trocken, aber richtig, da die Folgebereitschaft der Mitglieder über Geldzahlungen sichergestellt wird, kann die Organisation auf charismatische Führer verzichten.
Beispiel für Transformationale Führung
Die Mitarbeiterin eines Unternehmens hat einen fixen Zahltag, der dem Durchschnitt der Branche entspricht. Oft wird sie mit Planänderungen oder unvorhersehbaren Aufgaben konfrontiert. Manche Arbeitstage sind länger, andere dafür kürzer. Ihr Chef, ein Visionär, führt das Team nicht über Geld. Vielmehr beeinflusst er seine Kollegen durch seine Vision und durch das Erzeugen von Emotionen. Er zeigt Ihnen den Weg zum Ganzen und lädt die Mitarbeiter ein, an der Kultur mitzuwirken.
Damit die Führungskraft solche transformationale Eigenschaften entwickeln kann, braucht es den Forschungen von Tracy C. Gibbons bei der Digital Equipment Corporation (DEC) zufolge ein spezielles Umfeld. Dabei hebt sie folgende Faktoren hervor:
- Eine Kultur, die stark macht.
- Schnelles Wachstum.
- Die besten Leute anwerben, anziehen und einstellen.
- Persönlich und beruflich erwachsen werden.
- Großer Wert auf individuelle Entwicklung legen.
Top 5 Tipps für Führungskräfte
Basierend auf den Arbeiten von Bernard M. Bass zu transaktionaler und transformationaler Führung und aktuellen Erkenntnissen aus der Führungsforschung und Praxis, gebe ich dir als Führungskraft 7 Tipps für die Führung deiner Mitarbeiter an die Hand:
- Kombiniere beide Führungsstile: Nutze sowohl transaktionale als auch transformationale Ansätze, je nach Situation und Aufgabenbereich deiner Mitarbeiter. Bei standardisierten Aufgaben können klare Regeln hilfreich sein, während komplexe Projekte oft von Begeisterung und Visionen profitieren.
- Kommunikation ist entscheidend: Sorge für klare und verständliche Kommunikation, wenn es um Regeln, Ziele und Erwartungen geht. Deine Mitarbeiter müssen wissen, was von ihnen erwartet wird, um ihre Leistung erbringen zu können.
- Baue Beziehungen auf: Investiere Zeit und Energie in den Aufbau positiver Beziehungen zu deinen Mitarbeitern. Transformationale Führung basiert auf emotionaler Verbundenheit und Begeisterung, daher ist es wichtig, ein unterstützendes und förderndes Umfeld zu schaffen.
- Sei ein Vorbild: Als Führungskraft bist du ein Vorbild für deine Mitarbeiter. Handle nach den Werten und Prinzipien, die du von deinem Team erwartest. Authentizität und Glaubwürdigkeit sind entscheidend, um Vertrauen aufzubauen.
- Fördere die individuelle Entwicklung: Unterstütze die individuelle Entwicklung deiner Mitarbeiter, indem du auf ihre Bedürfnisse und Stärken eingehst. Hilf ihnen dabei, ihre Fähigkeiten zu stärken und innovative Ideen zu entwickeln.
Indem du diese Tipps in deiner Führungspraxis berücksichtigst, kannst du eine noch effektivere und motivierende Führungskraft werden, die ihre Mitarbeiter zu Bestleistungen führt.
FAQ zu Transaktionale Führung vs Transformationale Führung
Fazit: Transaktionale Führung vs Transformationale Führung
Seit Mitte der 80er Jahre rücken Ansätze zur charismatischen Führung in den Mittelpunkt des Forschungsinteresses (Bass 1985; Tichy & Devanna 1986; Conger & Kanungo 1988). Bei der Diskussion Transaktionale Führung vs Transformationale Führung geht es im Kern um herausragende Führungspersönlichkeiten mit angeborenen Eigenschaften und Fähigkeiten. In Kombination mit besonderen Verhaltensweisen, wie z.B. das Formulieren von inspirierenden Zielen und Visionen.
Dabei darf jedoch nicht vergessen werden, dass sowohl transaktionale Führung als auch transformationale Führung zum gewünschten Führungserfolg führen können. Wie das Messinstrument full range of leadership zeigt, wirken Transaktionale Führung und Transformationale Führung als sich ergänzende Verhaltenseigenschaften einer Führungskraft.
Transaktionales Führen ist durch klare Regeln, Strukturen und Ziele geprägt und häufig in einer Arbeitsumgebung mit standardisierten Prozessen im Einsatz. Bei der transformationalen Führung steht die Beziehung zwischen der charismatischen Führungskraft und dem intrinsisch motivierten Mitarbeiter im Vordergrund. Transformationale Führung kommt eher bei komplexen, nicht routinemäßigen Aufgaben zum Einsatz.
Dr. Patrick Fritz
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