Bei einem Workshop im Rahmen des Führungskreises Produktion sind mir große Ähnlichkeiten zwischen Shopfloor Management und SCRUM aufgefallen. In diesem FRITZ Tipp gebe ich dir 5 Möglichkeiten an die Hand, um die Effizienz am Shopfloor durch SCRUM zu steigern.
Inhalt
Was ist Shopfloor Management?
Shopfloor Management ist ein Führungsinstrument in der Produktion und meint Führen am Ort der Wertschöpfung durch die Führungskraft mithilfe eines Shopfloor Management Boards. Hier ein Beispiel für ein Shopfloor Management Board in der Produktion (mehr dazu im FRITZ Tipp Shopfloor Board):

In der folgenden Abbildung siehst du wie Shopfloor Management über mehrere Hierarchieebenen einer Produktion hinweg eingesetzt werden kann, um die Kommunikation vom Mitarbeiter, über Gruppen-, Abteilungs-, Bereichsleiter, bis hin zum Werksleiter effizient zu gestalten. Diese Vorgehensweise wird auch Shopfloor Kaskade genannt:




Nach Peters sind vier Elemente von Shopfloor Management wesentlich: Mitarbeiter vor Ort führen, Abweichungen erkennen und Maßnahmen einleiten, Strukturierte Problemlösung und Ressourceneinsatz optimieren.
Shopfloor Management Elemente | Beschreibung |
1. Mitarbeiter vor Ort führen |
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2. Abweichungen erkennen und Maßnahmen einleiten |
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3. Strukturierte Problemlösung |
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4. Ressourceneinsatz optimieren |
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Tipp 1: Shopfloor Management ist kein Schweizer Taschenmesser
Shopfloor Management gibt einen Rahmen vor, um am Ort der Wertschöpfung zu führen. SCRUM ist eine Methode, um komplexe Prozesse durch systematische Beobachtung und Erfahrungen zu steuern. Im Gegensatz zu komplizierten Prozessen, die vorhersagbar sind. Schau dir dazu das folgende Video an:
Damit sind sowohl Shopfloor Management als auch SCRUM Instrumente, um Mitarbeiter in einem Umfeld ständiger Veränderung zu führen. Deshalb trifft man sich bei beiden Vorgehensmodellen in strukturierter Art und Weise täglich für 15 Minuten.
Tipp 2: Shopfloor Management wird mit der Zeit langweilig
Bei Shopfloor Management und SCRUM gibt es tägliche Meetings. In einem Fall Shopfloor Meeting genannt, im anderen Fall Daily SCRUM. Die hohe Taktrate ist dem gemeinsamen Grundsatz „inspect and adapt“ geschuldet. Nun sehe ich dabei zwei Gefahren.
Erstens, die häufigen Meetings werden als überflüssig empfunden. Vielleicht weil sich doch nicht so viel verändert hat (siehe Learning 1). Zweitens stellt sich mit der Zeit zu viel Routine ein und das System versandet. Hier liefert SCRUM eine gute Idee: Sprint-Ziele.
Bei SCRUM werden die Anforderungen des Kunden für einen definierten Zeitraum konstant gehalten. Häufig handelt es sich um zwei Wochen (Timeboxing). Für diesen Zeitraum wird ein gemeinsames Team-Ziel vereinbart. Was soll am Ende der zwei Wochen anders sein? Dieses Sprint Ziel sorgt immer wieder für neue Motivation und Orientierung, weil es eine gemeinsame Richtung vorgibt.
Tipp 3: Shopfloor Meeting Coach
Bei SCRUM gibt es eine wunderbare Rolle, die sich SCRUM Master nennt. Der SCRUM Master ist als Coach für den Prozess und die Beseitigung von Hindernissen verantwortlich. Mit Beseitigung von Hindernissen ist das Ziel verbunden, das Team maximal produktiv zu halten. Sie sollen sich nicht um Dinge kümmern, die sie von ihrer eigentlichen Tätigkeit abhalten.




Häufig übernimmt diese Rolle bei Shopfloor Management und SCRUM der Berater im Rahmen der Einführung. Er erstellt und pflegt das Shopfloor Board und übt die Einhaltung der Abläufe mit dem Team. Aber wenn der Berater weg ist, droht das System schnell in alte Gewohnheiten zurückzufallen.
Tipp 4: Feinplanung im Shopfloor Team
Die Bestrebungen im Zuge der Industrie 4.0-Diskussion gehen stark in Richtung Digitalisierung und Automatisierung von Produktionsprozessen und damit verbunden auch der Planungsprozesse. Nicht umsonst stehen aktuelle BDE/MIS/MES-Projekte wieder hoch im Kurs.




In einem volatilen Umfeld, in dem wir nach wie vor stark auf Menschen angewiesen sind, halte ich diesen Trend für problematisch. Auch hier können Shopfloor Management und SCRUM in Kombination ihre Stärken ausspielen.
Das SCRUM-Vorgehensmodell beruht auf einer sehr wichtigen Grundannahme. Es ist möglich, dass WAS vom WIE zu trennen, d.h. es gibt den Product Owner, der die Anforderungen im Projekt nach Business Value priorisiert. Einzig das Team entscheidet, WIE bestimmte Anforderungen umgesetzt werden.
Übertragen auf die Produktion kann die Grobplanung ruhig durch BDE/MIS/MES erfolgen. Die Feinplanung würde ich aber IMMER im Team lassen. Wer nämlich Motivation und Commitment wünscht, muss das Team bis zu einem gewissen Grad einbinden. Jeder muss in seinem definierten Rahmen seine eigenen Ziele setzen können und die Rechnung nach getaner Arbeit schreiben dürfen.
Tipp 5: Shopfloor Management Retrospektive
Das Shopfloor Board ändert sich mit der Zeit immer wieder. Das ist gut und richtig, schließlich gilt es sich auf immer neue Veränderung einzustellen. Die Entwicklung des Boards ist ein schleichender Prozess, der dem Teamleiter überlassen wird; eventuell mit Unterstützung des Lean-Beauftragten. Hier bietet SCRUM ein schönes Gefäß für eine professionelle Weiterentwicklung der Arbeitsweise – die Retrospektive.




Am Ende eines Sprints werden die inhaltlichen Ergebnisse im Sprint Review Meeting abgenommen. Unabhängig davon gibt es ein Meeting, genannt Retrospektive, in dem es gezielt um die Weiterentwicklung der eigenen Arbeitsweise geht. Eine Retrospektive besteht häufig ausfolgenden Bausteinen: Gesprächsklima schaffen, Themen sammeln, Erkenntnisse gewinnen, Entscheidungen treffen und Abschluss.
Fazit: Shopfloor Management und SCRUM
Shopfloor Management und SCRUM sind beides Instrumente, um in einer Umwelt mit ständigen Veränderungen zu Recht zukommen. Deshalb lohnt der Blick in beide Lager und sich gegenseitig zu bereichern. Weitere FRITZ Tipps zur Vertiefung findest du unter anderen hier, hier, hier und hier.
Dr. Patrick Fritz
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