Ein aufmerksamer Leser hat mich gebeten, meine Gedanken zur Selbstwirksamkeit von Beratung auf Führung zu übersetzen. Das mache ich gerne und führt mich zur Frage, wie kann ich meine Selbstwirksamkeit als Führungskraft fördern und damit zum kanadischen Psychologen Albert Bandura.
Was ist Selbstwirksamkeit nach Bandura?
Selbstwirksamkeit, das Vertrauen in die eigene Tüchtigkeit, wurde als Konzept bereits 1986 vom kanadischen Psychologen Albert Bandura entwickelt. Im Kern geht es um das persönliche Zutrauen in die eigenen Möglichkeiten und Kompetenzen durch positive Erfahrungen, selbst schwierige Aufgaben durch eigenes Handeln wirksam bewältigen zu können.
Banduras zeigt, dass Menschen meistens nur dann eine Handlung beginnen, wenn sie überzeugt sind, dass sie diese Handlung auch erfolgreich ausführen können. Er spricht von Selbstwirksamkeits-Überzeugung oder Selbstwirksamkeits-Erwartung. Selbstwirksamkeit kann durch Erfolgserlebnisse, Vorbilder, Umfeld und Interpretation von Emotionen gefördert werden.
Selbstwirksamkeit am Beispiel Schule
Nach Precht ist schulischer Erfolg in doppelter Hinsicht selbst definiert. Zum einen bestimmt der Schüler selbst, ob ein Ziel für ihn einen hohen Wert hat oder nicht. Roth folgend hängt das davon ab, ob der Schüler erfahren hat, wie befriedigend das Erreichen von langfristigen und schwer zu erreichenden Zielen ist („liking-System“ vs „wanting-System“). Zum Beispiel die Verbesserung einer Mathe-Note oder ein 1er Durchschnitt.
Zum anderen hängt der schulische Erfolg wesentlich davon ab, ob sich der Schüler selbst eine bestimmte Verbesserung zutraut oder nicht. Bandura folgend, wird der Schüler das erstrebenswerte Ziel nur verfolgen, wenn er überzeugt ist das dieses Vorhaben auch von Erfolg gekrönt sein wird (Selbstwirksamkeits-Erwartung).
Das ist alles gut und richtig, aber was bedeutet das nun für meine Aufgabe als Führungskraft?Selbstwirksamkeit am Beispiel Führung
Die schwierige Aufgabe die Führungskräfte bewältigen dürfen, ist die der Führung. Führung ist die bewusste Verhaltensbeeinflussung anderer Personen, um definierte Ziele zu erreichen. Für Führungskräfte gibt es drei Möglichkeiten um wirksam-er zu führen:
1. Vorbild: Um mehr Erfolgserlebnisse im Führungsalltag zu haben (und damit meine Selbstwirksamkeit zu fördern), kann ich versuchen ein besseres Vorbild zu sein. Mich selbst besser daranhalten, was ich predige.
Die Perspektive der Systemtheorie
Nach Luhmann bestehen soziale Systeme aus Kommunikation, nicht aus Menschen. Im Sinn eines Sowohl-Als-Auch Denkens, besteht ein weiterer Hebel zur Steigerung der Selbstwirksamkeit über die Beeinflussung der Erwartungsstrukturen bzw. Spielregeln der sozialen Interaktion. Genau dahin geht der Trend, wenn wir von Agilität, New Work & Co sprechen. Was ist damit in Bezug auf die Selbstwirksamkeit für Führungskräfte gemeint:
Bei den Optionen 4-7 gehe ich weniger direkt in die Führung, sondern baue Banden in Form von Kommunikations-Strukturen. Ich führe nicht Mitarbeiter im 1:1, sondern die Rahmenbedingungen des Handelns.
Fazit – Albert Bandura
Wie wichtig die Interpretation der eigenen Emotionen und damit die Bildung der Selbstwirksamkeits-Erwartung ist, erkannte Spinoza bereits zwischen 1632-1677: „Was einmal eine negative Erfahrung ausgelöst hat, wir lange damit verbunden – und umgekehrt. Auf diese Weise (..) bilde ich mir Urteile über (..) die Menschheit (..), Bevölkerungsgruppen, Religionen, über Politik und über den Staat.“
Führungskräfte können ihre Selbstwirksamkeit klassisch durch Vorbild, Einsicht und Konsequenz steigern. Zusätzlich zur psychologischen Ebene kann im System interveniert werden, über Ziele, Team, Feedback und Ressourcen. Je nach Situation lohnt sich ein Blick in diesen Werkzeugkasten, um neue Optionen zur Steigerung der Selbstwirksamkeit auszuprobieren.
Dr. Patrick Fritz
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