Im Rahmen meiner Diplomarbeit habe ich mich das erste Mal bewusst mit Risikomanagement auseinandergesetzt. Kürzlich bot sich mir im Rahmen des Führungskreis Qualitätsmanagement gemeinsam mit Wolfgang Gliebe als Gastreferent erneut die Möglichkeit Chancen und Risiken zum Leben zu bringen.
Inhalt
Was ist Risikomanagement?
Unter Risiko wird die Möglichkeit des Eintritts künftiger Ereignisse verstanden, die nachteilige Auswirkungen wie Verlustgefahren in sich bergen. Es stammt aus dem altitalienischen Wort „risco“ ab, dass in der Seeschifffahrt so viel wie „Klippe“ bedeutete. Das Gegenstück zu Risiko ist Sicherheit.
Gemeinsam mit dem Wort Management, welches ebenfalls aus dem italienischen stammt und für handhaben steht, ergibt sich das Handhaben künftiger, nachteiliger Auswirkungen, wie z.B. das mögliche Auffahren auf eine Klippe.
Gerne wird der Risikobegriff um Chancen erweitert. Damit wird Risiko zum wertneutralen Begriff. Nach Gliebe wäre es deshalb besser von Ereignismanagement zu sprechen. Jedes Ereignis kann positive oder negative Auswirkungen mit sich bringen.
Wie geht Risikomanagement?
Normen wie die ISO 9001:2015 bringen die Notwendigkeit mit sich, dass Organisationen Maßnahmen planen und umsetzen, mit denen Risiken und Chancen behandelt werden können. Dazu sollte aus Sicht des Qualitätsmanagements ein systematischer Risikomanagementprozess durchlaufen werden:
- Die für das Qualitätsmanagementsystem relevanten Geschäftsprozesse bestimmen.
- Relevante Risiken und Chancen innerhalb der Geschäftsprozesse bestimmen und bewerten.
- Maßnahmen planen und in die Prozesse integrieren (=Kontinuierlicher Verbesserungsprozess).
- Schlussendlich muss die Wirksamkeit der Maßnahmen gemessen werden.
Turtle Diagramm für die Prozessanalyse
Um die für das Qualitätsmanagement relevanten Geschäftsprozesse zu bestimmen und analysieren hat sich das Turtle Diagramm in der Praxis bewährt. Dazu werden die wichtigsten Prozessmerkmale, entlang von Leitfragen, erfasst und visualisiert:
Auf Basis des Turtle Diagramms ist es ein Kinderspiel nach den bestehenden Risiken zu fragen. Die gesammelten Risiken werden im nächstes Schritt bewertet.
Risiken identifizieren und bewerten mit Beispiel
Im Rahmen meiner Diplomarbeit habe ich ein Risikomanagement-Tool entwickelt, welches als Excel-Datei kostenlos zum Download bereitsteht (aufs Bild klicken). Durch diese Tool wird die Grundlage geschaffen, um Risiken zu identifizieren und bewerten:
Zur Bestimmung relevanter Risiken wird eine Art Checkliste vorgegeben, die beliebig erweiterter werden kann. Die Bewertung der identifizierten Risiken erfolgt durch Multiplikation von Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenshöhe (Ausmaß x Häufigkeit). Siehe dazu auch den FRITZ Tipp „Risikoanalyse im Projekt mit Methode„. Im oben dargestellten Tool habe ich die Berechnung um eine subjektive Gewichtung erweitert (Bewertung x Gewichtung).
Wie gehe ich mit den bewerteten Risiken um?
Im Umgang mit Risiken gibt es grundsätzlich vier Strategien, die je nach Höhe des Risikos zur Anwendung kommen:
- Vermeiden: bei besonders schwerwiegenden Risiken kann es sinnvoll sein, diese zu vermeiden.
- Reduzieren: entweder kann ich versuchen die Eintrittswahrscheinlichkeit oder die Auswirkung zu reduzieren.
- Verlagern: eine Möglichkeit, um ein Risiko zu verlagern, könnte eine Versicherung sein.
- Akzeptieren: bei Risiken, die den wirtschaftlichen Erfolg nicht wirklich beeinflussen, kann akzeptieren eine durchaus sinnvolle Strategie sein.
Bei identifizierten Risiken mit niedriger Bewertung werde ich zum Akzeptieren tendieren. Bei hoher Bewertung eher zum Vermeiden und Geld für die Risikovorsorge in die Hand nehmen.
Wie bringe ich Risiken zum Leben?
In vielen Unternehmen sind Risiken und Chancen eine administrative Pflicht, die durch diverse Normen vorgegeben ist. Vielleicht ist die Redundanz mit ein Grund dafür, dass dieses an sich nützliche Instrument, stiefmütterlich behandelt wird und nur fürs Audit auf Vordermann gebracht wird. Damit Risiken und Chancen zum Leben erweckt werden, habe sich die folgenden drei Tipps in der Praxis bewährt:
- Geld: Risiken sollten immer monetär bewertet werden. Dadurch kann im Reporting der Qualitätskennzahlen eine potenzielle Gewinnreduktion ausgewiesen werden. Dadurch ist die Aufmerksamkeit des Managements garantiert.
- Strategie: Nach oben hin sollte das Risikomanagement in die Strategiearbeit integriert werden, z.B. durch eine systematische SWOT-Analyse. Dadurch kann man sich zum einen Arbeit sparen, zum anderen Aufmerksamkeit für das Thema gewonnen werden.
- Aufgaben: Nach unten hin sollte das Risikomanagement mit einem Aufgaben-Tool verknüpft sein. Nur wenn konkrete Maßnahmen abgeleitet werden, die auch nachverfolgt werden, hat das Thema Risikomanagement eine Überlebenschance.
Fazit – Risikomanagement
Die Beschäftigung mit Risiken wird gerne auf das Qualitätsmanagement abgewälzt. Sollen die sich doch um diese lästige Aufgabe kümmern. Gleichzeitig erwarten wir von einem erfahrenen Steuermann, das er vor jeder Fahrt die beste Route mit den geringsten Risiken auswählt. Schließlich möchte niemand freiwillig auf die nächste Klippe auffahren. In diesem Sinne gehört der sorgsame Umgang mit Risiken zur Pflichtaufgabe einer jeden Führungskraft.
Dr. Patrick Fritz
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