Beim Besuch der HYVE AG in München durfte ich erleben, was der von Henry William Chesbrough in die Welt gesetzte Begriff Open Innovation in der Praxis wirklich bedeuten kann. In diesem FRITZ Tipp möchte ich dich daran teilhaben lassen.
Was ist Open Innovation?
Du lieber Himmel, warum sollte ich meinen Innovationsprozess für die Außenwelt öffnen? Das ist doch alles streng geheim! Bill Joy, Mitgründer von Sun Microsystems entgegnet dazu treffend: „No matter who you are, most of the smartest people work for someone else.“
Wer ist am Innovationsökosystem beteiligt?
Wen es um die Nutzung der Außenwelt geht, auch Innovationsökosystem genannt, stellt sich schnell die Frage, wer soll diese Außenwelt sein? Im Fall von HYVE sind dies z.B. andere Kunden, Dienstleister, Wissenschaftler, Startups und die hauseigene HYVE Crowd. Die HYVE Crowd ist eine Online-Community mit +9000 innovationsbegeisterten Menschen, die in ihrer Freizeit gerne an Challenges arbeiten.
Die Challenges sind so vielfältig, wie die Innovationsanliegen der teilnehmenden Unternehmen. Von Ideen für smarte Möbel bei Blum bis hin zur Tourismusstrategie 2030 für Tirol ist so ziemlich alles mit dabei, was man sich vorstellen kann.
Wie funktioniert Open Innovation?
Im Prinzip relativ einfach. Unternehmen stellen Fragestellungen und Incentives zur Verfügung. Die HYVE Crowd liefert dafür Ideen, Lösungen und Feedback. Konkret gibt es drei mögliche Anwendungsszenarien:
- Ideation: Wie erkenne ich unkompliziert die Bedürfnisse meiner Kunden? Welche Ideen helfen mir die Bedürfnisse meiner Kunden zu befriedigen?
- Application: Welche Anwendungsfelder könnten für meine Technologien relevant sein?
- Validation: Wie bekomme ich flexibel und schnell Feedback zu meinen Ideen und Konzepten?
Eine Challenge dauert nur wenige Wochen und im Gegenzug bekommt das Unternehmen mehrere Hundert Ideen, die teilweise erstaunlich weit ausgereift sind. Das geistige Eigentum an den Gewinnerideen geht mit der Auszahlung der Preisgelder auf den Veranstalter über.
Kombination verschiedener Innovationsansätze
Die Formate Ideation, Application und Validation können mit anderen Innovationsansätzen problemlos kombiniert werden.




So könnte das Format Ideation bei der Ideenfindung in Phase IV des Design Thinking Prozess unterstützen. Das Format Validation könnte am Freitag beim Testen der Prototypen im Rahmen eines Design Sprint nützlich sein. Bei der Erarbeitung eines Business Model Canvas könnte das Format Application hilfreich bei der Suche eines neuen Geschäftsmodell für die vorhandene Technologien sein.
Fazit – Ergebnisse von Open Innovation
Die Öffnung des Innovationsprozess liefert keine fertig entwickelten Produkte!
Die gelieferten Ideen und Lösungen müssen auf ihr Potential hin bewertet und ausgewählt werden. Soll es eine Effizienz-Innovation, inkrementelle Innovation oder radikale Innovation werden, die neue Märkte schafft?
Wenn jedoch das Shoppen auf dem Bazar der Ideen professionell betrieben wird („fuzzy front end of innovation“), dann wissen die meisten Unternehmen sehr genau, wie der weitere Entwicklungsprozess auszusehen hat.
Nur ein Aspekt scheint mir noch wichtig. Soll die Produktidee im Haus entwickelt werden oder in einem eigenständigen Container, genannt Innovation Lab oder gar Startup. Dabei scheint die Distanz zum Kerngeschäft ein guter Gradmesser zu sein.
Je näher die Idee am eigenen Kerngeschäft, desto eher im Haus entwickeln. Je weiter weg die Idee vom eigenen Kerngeschäft, desto eher in einem eigenständigen Container. Der Grund ist einfach, das Kerngeschäft geht immer vor!
Dr. Patrick Fritz
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