Nach Workshops im Rahmen der Führungskreise Produktion, Qualitätsmanagement und B2B-Marketing rund um intrinsische und extrinsische Motivation, möchte ich euch nach einer Definition die 7 größten Irrtümer der Motivation vorstellen.
Inhalt
Was ist Motivation?
Es wird zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation unterschieden. Intrinsische Motivation meint aus der Person selbst entspringend (Eigenmotivation). Extrinsische Motivation meint durch Anreize außerhalb der Person gesteuert (Fremdmotivation).
Quelle: In Anlehnung an Pschyrembel 2021.
Menschliche Handeln darf dabei aber nie ausschließlich auf Motivation zurückgeführt werden. Motive wie Leistung (z.B. im Leistungssport) oder soziale Interaktion (z.B. im Verein) beeinflussen unser Verhalten wesentlich. Gleichzeitig dürfen positive wie negative Erfahrungen, kognitive Auseinandersetzung oder unterstützenden Rahmenbedingungen nicht vernachlässigt werden.
Nr. 1 – Man kann Mitarbeiter nicht motivieren, nur demotivieren!
Spätestens seit “Mythos Motivation” von Reinhard Sprenger wissen wir: Man kann Menschen nicht motivieren, nur demotivieren. Falsch! An einem einfachen Beispiel wie „Mensch ärgere dich nicht“ habe ich im Beitrag zu Gamification aufgezeigt, dass man sehr wohl extrinsisch motivieren kann.
Mann kann einen Rahmen schaffen, indem Menschen ihre Bedürfnisse (wie z.B. Status, Certainty, Autonomy, Relatedness, Fairness) befriedigen können. Aus Bedürfnissen entstehen Motive und diese sind Beweggründe für Handlungen. Die nachfolgende Abbildung zeigt welche Möglichkeiten Spiele bieten, um die eigenen Bedürfnisse zu befriedigen:Wenn die Bedürfnisse von Menschen angesprochen werden, nach Frankl könnte man wohl auch Werte sagen, erhöht sich die Erfolgswahrscheinlichkeit gelingender Motivation durch Anreize von außen ungemein. Bei der Befriedigung ihrer Bedürfnisse sind Menschen nämlich intrinsisch motiviert, wie Spiele eindrucksvoll zeigen. Man kann Menschen und damit auch Mitarbeiter also sehr wohl motivieren, funktioniert halt anders als geglaubt – über den Umweg intrinsischer Motivation.
Nr. 2 – Motivation kommt von Wissen
Weit verbreitet ist der Irrtum, man muss es nur wissen, um motiviert zu sein. Ich muss es meinen Mitarbeitern also nur erklären und die Motivation kommt von selbst. Wir müssen mehr arbeiten, weil… . Wir müssen anders arbeiten, weil… .
Wie Reinhold Bartl wunderschön aufzeigt, ist der Zusammenhang von Wissen und Verhalten gleich Null. Wie könnte es sonst sein, dass alle über die Gefahren von Rauchen, ungesunder Ernährung oder CO2 wissen, sich aber dennoch anders verhalten?Die Antwort ist einfach. Nur Wissen, das mir was bringt, löst Motivation zur Handlung aus. Motivation entsteht, wo das Wertesystem und damit die Grundbedürfnisse von Menschen angesprochen werden. Relatedness oder Zugehörigkeit ist z.B. wichtiger als die eigene Ratio, wie die Konformitätsexperimente von Asch eindrücklich zeigen. Viele Knöpfe an der Maschine Mensch sind also vollkommen funktionslos, aber nicht alle – wie auch Dan Pink in folgendem Video humorvoll aufzeigt:
Nr. 3 – Nur positive Ziele motivieren
In diesem Fall muss man also positive Ziele formulieren, die die Grundbedürfnisse von Menschen ansprechen. Stimmt nicht! Gerade bei komplexen Problemen (siehe CYNEFIN) sind negative Ziele effizienter. Wie Hans-Georg Häusel mit der Limbic Map aufzeigt, bedeutet optimales Verhalten:
Minimierung der emotional negativen Konsequenzen (Ärger, Langeweile, Stress) und Maximierung der emotional positiven Konsequenzen (Stolz, Überraschung, Geborgenheit).
Jeder Mensch versucht nun sowohl auf seine Grundbedürfnisse einzuzahlen als auch Auszahlungen zu vermeiden. Priorität hat die Unlustvermeidung, vor der Lustgewinnung . Negative Ziele können also wirkungsvoller als positive Ziele sein.




Nr. 4 – Menschen unter Druck sind motiviert
OK, wenn Unlustvermeidung Priorität hat, muss man Menschen also unter Druck setzen, damit sie motiviert sind. Diese Strategie kennt jeder von uns aus der Schule. Hier wird gezielt Leistungs-Druck aufgebaut, um extrinsische Lern-Motivation zu erzeugen. Schließlich lernt man für die Prüfung, nicht fürs Leben.
Diese Strategie funktioniert auch bis zu einem gewissen Grad, insbesondere bei komplizierten Problemen, wie z.B. auswendig lernen. Allerdings sind Menschen unter Druck besonders anfällig, wie Bartl mit der Fußballmetapher aufzeigt:
Je höher der Stresslevel, desto rigider die Hypothesen. Wir greifen auf Altbekanntes zurück und legen unsere Vermutungen sehr streng aus. (..) Menschen in Angst sind dümmer, da sie keine neuen Hypothesen über das Verhalten anderer bilden können.
Das zeigt sich auch in der Kommunikation. Anstelle „Wofür“ wird bei hohem Stresslevel nach dem „Warum“ gefragt. Wir wollen eine Rechtfertigung, einen Schuldigen, um selbst Sicherheit zu erlangen. Menschen unter Druck sind also extrinsisch motiviert, aber die Nebenwirkungen sind beachtlich. Sie sind dümmer! Schlau geht anders!
Nr. 5 – Motivation durch Geld
Druck erzeugt Nachteile. In diesem Fall motivieren wir halt mit Geld. Spätestens seit Herzberg wissen wir das Einkommen ein Hygienefaktor ist. Hygienefaktoren verhindern bei positiver Ausprägung die Entstehung von Unzufriedenheit, tragen aber nicht zur Zufriedenheit bei.




Häusel sieht es differenzierter. Für ihn ist Geld auch als Zeichen für Status und Macht zu sehen. Nach Bartl kann Geld auch zu einem neuen Wir-Gefühl führen. Ich gehöre jetzt zum Club der Bootsbesitzer. Damit befriedigt Geld indirekt Grundbedürfnisse und dient extrinsischer Motivation.
Wichtig dabei, es geht nicht um die absolute Höhe, sondern um den Vergleich mit der Peer-Group. Geld motiviert, wenn überhaupt, nur kurzfristig und erschöpft sich sehr schnell. Sofern der Vergleich mit der Peergroup passt.
Nr. 6 – Man muss direkt belohnen
Wenn Geld nur kurzfristig funktioniert, dann muss motiviertes Verhalten, direkt belohnt werden, z.B. mit Lob oder einem Geschenk. Wie Bartl und Häusel darstellen, erschöpft sich auch direkte bzw. unmittelbare Belohnung sehr schnell.
Sehr viel besser ist Belohnungserwartung. D.h. ein längerfristiges Ziel mit einer Belohnung zu verknüpfen. Wer Kinder hat, weiß genau was damit gemeint ist. Viele kleine Geschenke motivieren nicht. Wohingegen Neugier auf das Geburtstagsgeschenk einen anderen Hebel hat.
Roth unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen dem „liking-System“, welches befriedigt und dem „wanting-System“, welches voran treibt. Die schönste Freude ist eben doch die Vorfreude und motiviert damit umso mehr.
Nr. 7 – Motivation ist eine Sache der Gene
Die größten Irrtümer der Motivation sind also gar nicht so einfach auszuräumen. In diesem Fall muss ich halt die richtigen Mitarbeiter aussuchen. Mitarbeiter die von Haus aus stark intrinsisch motiviert sind, nicht unmotiviert. Das dieser Ansatz gar nicht untypisch ist, zeigen unzählige Persönlichkeitstests, die gerne bei Einstellungsgespräch verwendet werden: MBTI, DISG, HDI, Reiss, usw. Offensichtlich scheint es bei Menschen Unterschiede zu geben.
Dabei wird jedoch ein grundlegender Fehler gemacht. Es wird meistens unterschätzt, wie wichtig das Umfeld bzw. die soziale Gemeinschaft (Unternehmen, Familie, Organisation) für die Entscheidung des einzelnen ist. Und überschätzt welche Rolle das Wissen des Einzelnen für individuelle Handlungen spielen. Die Gene spielen eine Rolle, das soziale Umfeld sollte aber nicht unterschätzt werden.
Fazit – Die 7 größten Irrtümer der Motivation
Die gute Nachricht zuerst. Ja man kann Menschen motivieren. Es funktioniert jedoch nicht wie gedacht, sondern über die Grundbedürfnisse des Menschen. Aus Bedürfnissen entstehen Motive. Motive sind die Basis für Emotionen und daraus folgen Handlungen. Man könnte sagen, extrinsische Motivation muss den Umweg über intrinsische Motivation gehen. Darf dabei das menschliche Handeln aber nie ausschließlich auf Motivation zurückführen, wie es bereits Platon, Aristoteles oder die Stoiker taten.
Dabei geht es im Kern über die beiden Hebel Leistung und Wir. Leistung meint, ich schaffe ein Umfeld, indem man sich durch Leistung Status und Autonomie erarbeiten kann, z.B. über herausfordernde Aufgaben. Wir meint, ich schaffe ein Umfeld, auch Kultur genannt, in dem das gute Miteinander handlungsleitend ist. David McClelland lag mit seiner Motivationstheorie also gar nicht so schlecht und räumt damit die größten Irrtümer der Motivation auf.
Dr. Patrick Fritz
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