Die Soziologin Judith Muster hat mit dem Mischpult des Managements eine wunderbare Metapher für die drei entscheidbaren Entscheidungsprämissen nach Luhmann entwickelt. Ein sperriges Wort, das sich für den Hausgebrauch auch mit Spielregeln für eine Organisationsstruktur übersetzen lässt. Diese Spielregeln entsprechen jeweils einem Regler auf einem imaginären Mischpult.
Inhalt
Regler 1: Strategie
Erstens Entscheidungsprogramme (=Strategie), mit ihnen wird entschieden, welches Handeln in Organisationen als richtig oder als falsch anzusehen ist, z.B. durch eine Strategie. Ähnlich einem Kochrezept, Handbuch oder Produktionsprogramm.
Auf Luhmann aufbauend wird nach Nagel unter Strategie ein Set an geschäftspolitischen Prämissen verstanden, die im operativen Geschehen die alltäglichen Entscheidungsprozesse eines Unternehmens anleiten: Produkte, Zielmärkte, Zielkunden, Technologien, sowie das Geschäftsmodell.
Management-, Experten- oder Fachberater werden vorwiegend über die Entscheidungsprämisse Strategie wirksam. Je höher dieser Regler eingestellt ist, umso mehr Kriterien bzw. Erwartungen gibt es bei Entscheidungen zu beachten.
Regler 2: Organisation
Zweitens Kommunikationswege (=Organisation), hier wird entschieden, wie die Kommunikation in der Organisation kanalisiert wird, z.B. in Form eines Organigramms. Anders als in einer Familie muss in einer Organisation eben nicht jeder mit jedem reden.
Soziologen und Organisationsberater werden vorwiegend über die Entscheidungsprämisse Organisation wirksam. Der Soziologie erklärt sich die Psyche der Beteiligten durch die sozialen Spielregeln der Interaktion. Je höher der Regler steht, umso genauer ist geklärt, wer mit und für wen arbeitet.
„Pragmatisch, hohes Niveau, interessante und anspruchsvolle Teilnehmer. Starker Praxisbezug und kurze, auflockernde Theorie-Inputs ergänzen sich optimal. Ich erlebe dies als wertvolle Erweiterung meiner Handlungskompetenz. Der Führungskreis Essentials ist ein Muss für jeden Macher, der sein Wissen praxisorientiert weiterentwickeln und karrierebezogen vertiefen möchte.“
Regler 3: Verhalten
Drittens Personal (=Verhalten), hier wird entschieden, wer in der Organisation Entscheidungen treffen kann, z.B. durch Personalentscheidungen oder Personalentwicklung. Durch einen neuen Chef können sich Entscheidungsmuster von jetzt auf gleich verändern oder er gleicht sich dem vorhandenen Muster an.
Der Therapeut erklärt sich die Organisation als Organismus, der durch die Psyche der Beteiligten bestimmt ist. Je höher der Regler steht, umso differenzierter sind die Vorgaben bzw. Erwartungen, welche Personen, welche Stellen besetzen können.




Mischpult des Managements
Der besondere Dreh, den die Systemtheorie nach Luhmann dem Management gibt, ist für mich die Erkenntnis, Entscheidungsprämissen oder Spielregeln können nicht unabhängig voneinander betrachtet werden.
Dabei entsprechen die Entscheidungsprämissen jeweils einem Regler auf dem imaginären Mischpult. Zusätzlich kann man sich Führung als Endverstärker vorstellen, der alle aus dem Mischpult ausgehenden Signale aufs gleiche Level bringt.
Wenn die Regler niedriger eingestellt sind, muss der Endverstärker Führung umso stärker eingreifen, um die Zielkonflikte auf operativer Ebene zu verhandeln und entscheiden. Hier einige Möglichkeiten, wie der Endverstärker Führung auf operativer Ebene entlastet werden kann:
- Einarbeitung der Führungsgrundsätze in die Leistungsbeurteilung und damit in die variable Vergütung, sofern vorhanden (=Organisation).
- Anpassen der Anforderungsprofile für Führungskräfte und diese bei Neueinstellung und Beförderung konsequent befolgen (=Personal).
- Einführung von Feedback- und Befragungsinstrumenten, die sich an den verbindlichen Führungsgrundsätzen orientieren (Organisation).
- Erarbeiten einer Strategie, die nicht nur beschreibt wie die Welt sein soll, sondern auch klare Aussagen trifft, was in der Organisation nicht gewollt ist (=Strategie)
Bei aller Begeisterung für die Regler auf dem Mischpult, darf die Wirkung des Endverstärkers nicht vergessen werden. Nach Löffler, ist ein Chef deshalb ein so cooles Strukturelement, weil es fast keine anderen braucht, wenn die Kiste mit dem Chef funktioniert.
Entscheidungsprämissen in der Praxis
Für mich ist das Mischpult des Managements auch eine Möglichkeit, um Phänomene in der Praxis besser zu verstehen. Hier einige Beispiele, die mir schon häufiger begegnet sind:
- Führung permanent im Eskalationsmodus: Regler Strategie, Personal, Organisation zu niedrig eingestellt?
- Strategie besteht aus Allgemeinplätzen: Wo sind die Konflikte im Führungsteam? Kann auch zwischen Eigentümer und GL sein!
- Personal wünscht sich mehr Purpose/Sinn/Wert: Werden wichtige Regelignoranten nicht sanktioniert? Kann auch der Eigentümer sein!
- Organisation gönnt sich eine zu große Geschäftsleitung: Wenn der Außenzweck reduziert ist, wird der Innenzweck umso wichtiger!
Fazit – Entscheidungsprämissen
Entscheidungsprämissen bilden Festlegungen, die den alltäglichen operativen Entscheidungen einen Orientierungsrahmen geben. Man könnte auch von Meta-Entscheidungen oder Spielregeln einer Organisation sprechen, aus denen sich das Verhalten der Akteure erklären lässt.
Das Bild rund um das Mischpult des Managements und die damit verbundenen Zusammenhänge zwischen den Entscheidungsprämissen nach Luhmann sind nicht beweisbar. Dennoch eine schöne Metapher für integrierte oder systemische Unternehmensentwicklung.
Dr. Patrick Fritz
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