Im Rahmen des Führungskreis für High Potentials bin ich auf das Modell der Lebensphasen des Menschen nach Bernard Lievegoed (1902-1992) gestoßen, dass ich gerne mit euch in diesem FRITZ Tipp teilen möchte.
Inhalt
Wer ist Bernard Lievegoed?
Lievegoed ein niederländischer Arzt, Sozialökonom und Anthroposoph beschäftigte sich bereits 1946 mit den Entwicklungsphasen des Kindes. Das Lebensphasenmodell nach Lievegoed unterscheidet Lebensabschnitte in 7-Jahres-Schritten.
21-28 Jahre: Sturm-und-Drang Phase
- Erste Phase des Erwachsenenalters.
- Engagement und Emotionalität sind charakteristisch.
- Unmittelbare Rückmeldungen und Feedback sind wichtig.
- Vitaler Drang der Expansion: Partner, Lebensstil, berufliche Laufbahn.
„Der Führungskreis für High Potentials gibt mir die Möglichkeit, mich auf persönlicher und professioneller Ebene weiterzuentwickeln. Durch den idealen Mix aus theoretischem Input und praktischen Übungen bin ich so darauf vorbereitet, zukünftig noch mehr Verantwortung in meinem beruflichen Umfeld zu übernehmen.“
28-35 Jahre: Organisatorische Phase
- Ernst des Lebens beginnt. Entscheidung: Welche Karriere?
- Stärken sind Ordnung, Rationalität, Logik und Systematik.
- Verhaltens-Feedback sollte periodisch erfolgen.
- Motto: Alle Probleme sind zu lösen. Durchsetzung in dieser Welt.




35-42 Jahre: Selbstkritische Phase
- Romantik ade, geistige Interessen entwickeln sich.
- Vieles geht jetzt wie von selbst von der Hand.
- Auch komplexe Formen der Zusammenarbeit werden möglich.
- Der Mensch wächst zum reifen Menschen.
42-49 Jahre: Die Krise der Lebensmitte („Midlife-Krise“)
- Bisher war die Zukunft vor einem, jetzt hat die Zukunft einen Horizont.
- Fragen nach der Sinngebung in Beruf und Privatleben drängen sich auf.
- Wird alles wie gewohnt weiter gehen? Gibt es noch Neues zu erwarten?
- Wenn die Krise überwunden ist, auf zu neuen Ufern.




49-56 Jahre: Synthese
- Entweder Neues gefunden oder Verbitterung.
- Menschen könne Zeitspannen überblicken, ohne roten Faden zu verlieren.
- Sie können unterschiedliche Konzepte gedanklich umspannen.
- Alter der Führungspersönlichkeiten.
56-63 Jahre: Weise werden
- Nächst Krise, Blick auf innere Werte, Loslösung, Früchte, Erhalt.
- Haltung der Selbstlosigkeit und die Orientierung am Wesentlichen.
- Nach 63 folgt die zweite Jugend: Akzeptanz des Übergangs, Weise sein.




Weitere Lebensphasenmodelle
Bei Trigon bin ich ergänzend auf eine Darstellung gestoßen, bei der die bereits angeführten 7-Jahres-Schritte, auf einer übergeordneten Eben nochmals zusammenfasst werden:
- Die rezeptive Phase von 0-21 Jahren mit Fokus auf die körperliche Entwicklung.
- Die aktive Phase von 21-42 Jahren mit Fokus auf die Auseinandersetzung mit der Umwelt.
- Die soziale Phase von 42-63 Jahren mit Fokus auf Weise werden.
- Die geistige Phase von 63-84 Jahren mit Fokus auf Weise sein.
Das Lebensphasenmodell von Lievegoed beruht auf der Annahme, dass sich der Mensch bis zum Schluss auf der geistig-seelischen Ebene weiterentwickeln kann, auch wenn dies körperlich nicht der Fall ist.
Anwendung der Lebensphasen in der Praxis
Vor dem Hintergrund der Lebensphasen des Menschen nach Lievegoed lohnt es sich von Zeit zu Zeit zu Fragen:
- Was habe ich schon erreicht? Was noch nicht?
- Worin bin ich gut? Worin nicht?
- Was macht’s aus, dass ich in diesem Umfeld arbeite?
- Wie beurteile ich die aktuelle Situation?
Gerade in einem Workshop zur Standortbestimmung oder beim Karrierecoaching sind das die wesentlichen Fragen, um sowohl zurück als auch nach vorne zu blicken. Dabei liefern die Lebensphasen des Menschen nach Lievegoed gute Orientierung und immer wieder Aha-Erlebnisse.
Wichtig bei der praktischen Arbeit mit dem Lebensphasenmodell, die angegebenen Jahreszahlen für die Phasenübergänge sollten nur als Anhaltspunkt betrachtet werden. Je älter der Mensch wird, desto individuell verschiedener werden sie.
Spannend finde ich in diesem Zusammenhang auch das Konzept der Gratifikationskrise. Dabei handelt es sich um ein rein subjektives Gefühl, dass ein Mehr an Leistung und Erfahrung einem nicht mehr Anerkennung und Belohnung einbringt.
Gratifikationskrisen sind insbesondere in Tätigkeitsfeldern zu finde, in denen Einsatz nicht mit Aufstieg belohnt werden kann. Kühl schlägt als Lösung die Frage vor, wie Organisationen Karrieresurrogate schaffen kann, z.B. Economy, Business, First.
Lebensphasen des Menschen vs Entwicklungsphasen einer Organisation
Am vom Lievegoed gegründeten Institut für Organisationsentwicklung (NPI) wirkte auch Friedrich Glasl mit. Vermutlich hat Glasl Lievegoeds Gedanken weiterentwickelt und auf die Entwicklungsphasen einer Organisation übertragen, sowie Verbindungen hergestellt:
Lebensphasen des Menschen | Entwicklungsphasen einer Organisation |
21-28 Jahre | Junge Erwachsene fühlen sich in der Pionierphase am besten in ihrem Element. |
28-35 Jahre | Menschen dieser Altersstufe fühlen sich in der Differenzierungsphase am besten auf ihrem Platz. |
35-42 Jahre | Menschen dieses Alters fühlen sich in der Integrationsphase sehr wohl. |
Hintergrund der Überlegungen ist, die Lebensphasen des Menschen und die Entwicklung der Organisation aufeinander abzustimmen. Gelingt dies, wirkt sich das für alle Beteiligten sowie für die Leistungsqualität immer vorteilhaft aus. Gelingt die Passung nicht, führt dies unweigerlich zu Konflikten – soweit die Hypothese von Glasl.
Fazit – Lebensphasen des Menschen nach Lievegoed
Ich habe das Modell der Lebensphasen des Menschen nach Lievegoed, auch wenn es empirisch nicht ausreichend belegt ist, als sehr nützlich zur Reflexion der großen Lebensfragen erlebt: Woher komme ich? Wo stehe ich gerade? Wohin will ich?
Dr. Patrick Fritz
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