Konsultativer Einzelentscheid. Jeder von uns trifft jeden Tag zahlreiche Entscheidungen. Interessant ist, dass wir den Prozess der Entscheidung in den wenigsten Fällen wirklich bewusst steuern. Es erscheint mir ein wenig wie atmen. Wir können darüber nachdenken bewusst zu atmen, aber in den meisten Fällen funktioniert es auch ohne.
Entscheidungspyramide
Ähnliche erlebe ich es bei Entscheidungen in Unternehmen. Sobald eine Entscheidung ansteht, die mehrere Abteilungen oder Bereiche betrifft, wird die Entscheidung automatisch, ohne nachdenken, an die nächsthöhere Ebene delegiert. Dort erfolgt eine Abstimmung zwischen den Abteilungsleitern. Im schlimmsten Fall geht die Entscheidung wieder eine Ebene nach oben und damit immer weiter weg vom Ort des Geschehens. Diese Kaskade geschieht beinahe unbemerkt, außer dass sich der Prozess in die Länge zieht. Dadurch landen systembedingt viel zu viele Entscheidungen auf dem Tisch der Führungskräfte. Die Folge: Zeitverlust, Abwehr, Ineffizienz!
Ohne allzu sehr ins Philosophieren zu kommen, bin ich mir sicher, dass diese Zeiten dem Ende entgegengehen müssen. Führungskräfte verbringen einen Großteil ihrer Zeit in Meetings, bei denen es darum geht, zu entscheiden – je nach Führungsstil. Da sie aber zu weit weg sind vom eigentlichen Problem, kann die Entscheidung nur suboptimal sein. Doch welche Alternativen gibt es zum klassischen „Chef sagt an“?
Konsultativer Einzelentscheid
Über Bücher von Frederic Laloux und Niels Pfläging bin ich auf das Vorgehen „Konsultativer Einzelentscheid“ gestoßen. Konsultation bezeichnet das Einholen von anderen Meinungen und Ratschlägen vor wichtigen Entscheidungen, wie z.B. bei Ärzten vor wichtigen oder schwierigen Eingriffen üblich. D.h. eine Person entscheidet allein, ist aber zu Konsultation verpflichtet. Das Vorgehen sieht wie folgt aus:
- Wähle Entscheider: Der Entscheider sollte möglichst nahe am Problem sein, die Betroffenheit entsprechend groß. In den meisten Fällen wird es derjenige sein, der im alten Modus die Entscheidung an die nächste Ebene eskaliert hat.
- Auswahl Konsultationspartner: Hier sollten neben den am besten geeigneten internen und externen Experten, vor allem Kollegen ausgewählt werden, die von den Folgen der Entscheidung direkt betroffen sind.
- Konsultative Dialoge: Im Kern geht es hierbei um Wissens- und Erfahrungsaustausch. Was hat der jeweilige Kollege in ähnlichen Situationen gemacht, oder welche Optionen würde er empfehlen. Ziel ist lernen von- und miteinander.
- Auswahl Lösung: Der Entscheider übernimmt nun als Einzelperson die volle Verantwortung und entscheidet im Sinne des Unternehmens, unter Berücksichtigung der besten Ideen und Ratschläge der konsultierten Kollegen.
- Feedback geben: Die Gruppe für die entschieden wurde, gibt dem Entscheider Feedback. Falls es schiefgeht, stehen trotzdem alle hinter der Entscheidung, vor dem Hintergrund das der Entscheider sein Bestes getan hat.
Fazit – Konsultativer Einzelentscheid
Konsultativer Einzelentscheid erinnert mich stark an „Kollegiale Beratung“ die ich sehr gerne in Führungskreisen mit meinen Sparringspartnern einsetze. Bei zahlreichen Gelegenheiten habe ich erlebt, dass die Beratung oder Konsultation durch Kollegen auf Augenhöhe, zu besseren Entscheidungen führt. Die finale Entscheidung liegt bei der Einzelperson. Alternativ bietet sich die integrative Entscheidungsfindung an. Konsultativer Einzelentscheid ist die Methode für mündige Mitarbeiter, die Verantwortung für das Unternehmen übernehmen wollen und Führungskräfte, die dazu aus Überzeugung ermuntern.
Dr. Patrick Fritz
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