Konfliktgespräche gehören zum Alltag. Egal, um welche Art Konflikt es sich handelt, sei es Verteilungs-, Methoden-, Rollen-, Beziehungs-, Wert- oder Zielkonflikt, Konfliktgespräche gehören mit zu den schwierigsten Aufgaben im Führungsalltag.
In den letzten Wochen durfte ich gleich mehrere Workshops begleiten, die sich um dieses Thema gedreht haben. Dabei ist kein tragfähiges Kochbuch entstanden, aber dennoch möchte ich euch drei Aspekte näher vorstellen, die dabei helfen sollen, Konfliktgespräche professionell zu führen.
Konfliktgespräche Tipp 1: Eltern-, Erwachsenen- und Kinder-Ich
Bevor es zum Konfliktgespräch kommt, stellt sich die Frage wie der Konflikt eigentlich entstanden ist. Dabei kann folgendes Modell von Friedemann Schulz von Thun hilfreich sein:
In einer intakten Arbeitsbeziehung sollte sich die Kommunikation auf Ebene des Erwachsenen-Ichs abspielen, und zwar auf beiden Seiten. Sicherlich kennt ihr den Spruch „Wir sind ja beide erwachsen, also lass uns darüber sprechen“. Ein häufiger Grund, warum Konflikte überhaupt erst entstehen, besteht in unterschiedlichen Ebenen der Kommunikation zwischen A und B:
In diesem Fall spricht die eine Seite A aus dem Eltern-Ich heraus. „Du sollst machen“, „Du sollst tun“, „Du hast zu folgen“. Während die andere Seite B automatisch als Kind angesprochen wird und dabei keine wirkliche Entscheidung zu treffen hat. Die Verwechslung der Ebenen, mutwillig oder nicht, passt häufiger als man denkt. An dieser Stelle kann es allein schon hilfreich sein, sich dieser Ebenen bewusst zu sein, zu prüfen wo bin ich unterwegs und ggf. die Ebene zu wechseln. So können Konflikte und Konfliktgespräche im Keim erstickt werden. Zur weiteren Vertiefung empfehle ich die Bücher „Miteinander reden 1-4“ von Friedemann Schulz von Thun.
Konfliktgespräche Tipp 2: Wertequadrat nach Helwig
Nachdem die Frage geklärt ist, wie der Konflikt (in der Vergangenheit) entstanden ist, geht es darum, den gegenständlichen Konflikt (in der Gegenwart) besser zu verstehen. Das ursprünglich von Paul Helwig entwickelte Wertequadrat zeigt auf, dass es zu jeder menschlichen Qualität (z.B. Sparsamkeit) eine notwendige Gegenqualität oder Schwester-Tugend gibt (z.B. Großzügigkeit). Beide Tugenden müssen in Balance gehalten werden, um nicht in eine einseitige Überkompensation zu kommen. Konkret braucht es im unten dargestellten Urbeispiel von Helwig neben Sparsamkeit auch Großzügigkeit, um kein Geizhals zu werden. Genauso braucht der Großzügige Sparsamkeit, um sich nicht in Verschwendung zu verlieren.
Das Wertequadrat kann als praktisches, einfaches Tool dienen, um Konfliktgespräche professioneller zu führen. Überlege welche Qualität, Tugend oder Eigenschaft dich an der Person aufregt, z.B. der verschwenderische Umgang mit Geld. Das Wertequadrat zeigt nun auf, welche Schwestertugend zu stärken bzw. zu entwickeln ist. In diesem Fall die Sparsamkeit. So kann im Konfliktgespräch eine konkrete Entwicklungsrichtung, ein Lösungsweg, aufgezeigt werden. Ziel ist es, beide Tugenden in Balance zu halten, um nicht (wieder) einseitig in die Übertreibung zu kommen.
Konfliktgespräche Tipp 3: dreiteilige Ich-Botschaft nach Gordon
Schlussendlich geht es um die konkrete Intervention im Konfliktgespräch selbst. Wie stelle ich es denn an? An dieser Stelle wäre es praktisch ein Kochrezept zu haben, das es aber wohl nie geben wird. Was mich jedoch wirklich überzeugt hat, ist ein Konzept nach Thomas Gordon. Die dreiteilige Ich-Botschaft enthält Ich-Aussagen über Verhalten, Folgen und Gefühle:
- Ich gebe Feedback über meine persönliche Wahrnehmung des Verhaltens meines Gegenübers: „ICH habe wahrgenommen, dass DU heute zu spät gekommen bist.“
- Ich zeige die Folgen des Verhaltens meines Gegenübers auf: „Wenn du zu spät kommst, muss ICH deine Arbeit mit machen.“
- Ich spreche über meine Gefühle aufgrund der Situation. „Wenn du zu spät kommst, muss ICH deine Arbeit mit machen. Darüber ärgere ich mich sehr, das macht mich unglaublich wütend.“
Nachdem die dreiteilige Ich-Botschaft in den Raum gestellt wurde, liegt es am Gegenüber zu reagieren. Der Gesprächspartner geht evtl. in eine Abwehrhaltung und versucht die Tatsachen zu leugnen oder kleinzureden. Hier ist es wichtig, einen klaren Blick auf die Situation zu haben und seine Gefühle zu artikulieren. Gegen die eigenen Gefühle kann nämlich niemand etwas sagen, die sind so, wie sie sind – Fakten! Höre der Gegenseite anschließend aktiv zu und reagiere weiterhin ausschließlich mit Ich-Botschaften. So legst du die perfekte Basis, um das Konfliktgespräch in guten Bahnen zu lenken.
Dr. Patrick Fritz
Kommentar verfassen