Eine Studie von Mercer legt nahe, dass 52 Prozent der Unternehmensprofitabilität auf Führung zurückzuführen ist. Gute Führung durch reife Führungskräfte ist für mich der zentrale Schlüssel zur Leistungssteigerung in Unternehmen. Wenn Führung nun so wichtig ist, stellt sich die Frage wie man Führung messen kann?
Führungsforschung und Führungsstile
Die Führungsforschung konzentrierte sich bis Ende der 60er Jahre auf das Verhalten des Führenden. In dieser Tradition stehen die drei bekannten Führungsstile nach Kurt Lewin: autoritär, kooperativ und laissez-faire.
Seit Mitte der 80er Jahre rücken vermehrt Ansätze der charismatischen oder transformationalen Führung in den Vordergrund der Diskussion (Bass 1985; Tichy & Devanna 1986; Conger & Kanungo 1988).
Transformationale Führung
Ein zentrales Merkmal des Konzepts von Bernhard Bass ist die Unterscheidung Transaktionale Führung vs Transformationale Führung. Bei transaktionaler Führung geht es vor allem darum, Erwartungen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter zu klären, Ziele zu vereinbaren und kontrollieren sowie Leistung zu belohnen.
Das stellt im Wesentlichen die Grundlagen klassischer Führungsschulungen dar und deckt sich weitestgehend mit der Differenzierungsphase nach Glasl. Transaktionale Führung ist effektiv, bewirkt jedoch kein zusätzliches Engagement über den gewohnten Rahmen hinaus.
Transformationale Führung versucht durch das Verändern der Werte und Ziele des Geführten eine zusätzliche Leistungssteigerung zu erreichen (lat.: transformare – umformen, umgestalten). An die Stelle kurzfristiger, egoistischer Ziele sollen langfristige, übergeordnete Ziele und Werte treten.
Transformationale Führungskräfte versuchen, ihre Mitarbeiter intrinsisch zu motivieren, indem sie beispielsweise attraktive Visionen vermitteln, den gemeinsamen Weg zur Zielerreichung kommunizieren, als Vorbild auftreten und die individuelle Entwicklung der Mitarbeiter unterstützen. Glasl würde in diesem Zusammenhang von der Integrationsphase sprechen.
Führung messen nach Bass und Avolio
Da sich aufgezeigte Konzepte nicht gegenseitig ausschließen, haben Bass und Avolio ein Messinstrument entwickelt, um das gesamte Spektrum möglicher Führungsstile zu erfassen. Führung messen gelingt durch einen von Felfe übersetzte Fragebogen der als „full range of leadership“ bezeichnete wird. Dieser Fragebogen reicht von passiven bis hin zu aktiven Verhaltensweisen. Als Formen transaktionaler Führung unterscheiden Bass und Avolio:
- Leistungsorientierte Belohnung: Die Führungskraft klärt Erwartungen, vereinbart Ziele und stellt entsprechende Belohnungen in Aussicht.
- Führung durch aktive Kontrolle: Die Führungskraft kontrolliert die Prozesse permanent und greift bei Abweichungen ein.
- Führung durch Eingreifen im Bedarfsfall: Erst wenn Fehler oder Probleme ein Eingreifen unbedingt erforderlich machen, wird die Führungskraft aktiv.
Transformationale Führung lässt sich folgendermaßen charakterisieren:
- Charisma: Die Führungskraft besitzt eine außergewöhnliche Ausstrahlung und die Fähigkeit Mitarbeiter zu begeistern.
- Einfluss durch Vorbildlichkeit und Glaubwürdigkeit: Die Führungskraft wird von ihren Mitarbeitern als besonderes Vorbild wahrgenommen.
- Motivation durch begeisternde Visionen: Die Führungskraft begeistert mit attraktiven Visionen und steht selbst vollkommen dahinter.
- Anregung von kreativem und innovativem Denken: Die Führungskraft regt Mitarbeiter zu innovativem Denken an, indem sie bisherige Vorgehensweisen immer wieder hinterfragt.
- Individuelle Unterstützung und Förderung: Die Führungskraft geht auf die persönlichen Bedürfnisse der Mitarbeiter ein, um Fähigkeiten gezielt zu stärken.
Der Faktor Charisma wurde in der deutschen Übersetzung des „full range of leadership“ durch Felfe hinzugefügt. Den Faktor der individuellen Unterstützung und Förderung bezeichnet House (1996) als supportive leadership.
Wie wirkt transformationale Führung?
Auf Basis empirischer Untersuchungen konnten positive Zusammenhänge zwischen transformationaler Führung und einer Vielzahl von Ergebniskriterien bestätigt werden (Dumdum & Lowe & Avolio 2002; Eagly & Johannesen-Schmit & Van Engen 2003; Felfe & Heinitz 2010; Judge & Piccolo 2004). Zu diesen Ergebniskriterien zählen u.a.
- Extra Effort: Zusätzliche Leistungsbereitschaft beim Mitarbeiter.
- Effectiveness: Wahrgenommene Effektivität des Führungsverhaltens.
- Satisfaction: Zufriedenheit mit der Führungskraft.
Es gibt folglich einen positiven Zusammenhang zwischen transformationaler Führung und der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter, der wahrgenommen Leistung der Führungskraft sowie der Zufriedenheit mit der Führungskraft.
Fazit – Führung messen?
Gute Führung durch reife Führungskräfte ist für mich der zentrale Schlüssel zur Leistungssteigerung in Unternehmen – Studien hin oder her. Umso schöner, dass auch die Führungsforschung zeigt, das gute Führung messbar zusätzliche Leistungsbereitschaft und Zufriedenheit bewirkt. Somit führt der Weg zum Sieg über die Entwicklung der Führungskultur, passend zu den Unternehmenszielen. Was am Ende des Tages harte Arbeit an der eigenen Person und damit am eigenen Verhalten meint.
Dr. Patrick Fritz
Kommentar verfassen