Gastbeitrag von Michael Faschingbauer zur Effectuation Methode. Sein Buch „Effectuation: Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln“ wurde als Managementbuch des Jahres ausgezeichnet.
„Unternehmerisch denken und handeln“ ist in Stellenausschreibungen fast schon ein Gemeinplatz. Grund genug, es als Methode zu definieren und damit für jeden lernbar zu machen.
Manager ist heute ein Massenberuf: Rund 5% aller Erwerbstätigen sind Manager. Wer Manager wird, erlernt eine Methode, die im Wesentlichen aus den Elementen Ziele setzen-Planen-Handeln besteht. Nicht jeder Manager ist ein exzellenter Manager, doch jeder kann die Methode erlernen und den Beruf passabel ausüben.
Unternehmer ist (noch) kein Massenberuf. Aus dem Ungewissen heraus etwas Neues in die Welt zu bringen, scheint immer noch risikofreudigen Visionären, Künstlern, Talenten und Genies vorbehalten zu sein. Keine guten Bilder, wenn man dazu ermutigen möchte, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Was wäre möglich, wenn wir unternehmerisches Handeln ebenfalls als Methode begreifen, die im Prinzip jeder lernen kann?
Eine wachsende Zahl engagierter Wissenschaftler und Praktiker arbeitet daran, eben das zu ermöglichen. Sie wissen bereits, was erfahrene Unternehmer von erfahrenen Managern unterscheidet: Während Manager Experten darin sind, gute Pläne zu erstellen, um gesetzte Ziele zu erreichen, entwickeln Unternehmer eine ganz andere Expertise: Sie handeln auf Basis dessen, was ihnen zur Verfügung steht, holen andere für zunächst unsichere Vorhaben ins Boot und handeln in kleinen Schritten aus, was zuvor nicht denkbar – geschweige denn planbar – war.
Ein paar Beispiele: Zwei Studenten, die an einer Suchmaschine ohne erkennbaren wirtschaftlichen Nutzen arbeiteten, gründeten Google. Ein ungarischer Designer entwickelte etwas, das er für ein Lehrmittel für seine Studenten zur Schulung des räumlichen Denkvermögens hielt: den Rubik-Würfel. Mohammed Yunus erforschte als Wissenschaftler die Überschuldung von Frauen in Bangladesch und hatte zunächst nichts von dem im Sinn, was ihm schließlich den Nobelpreis einbrachte: die Etablierung des Mikrokreditwesens.
Einzelfälle aus der Rubrik „Glück gehabt“? Keineswegs. In allen Fällen haben sich Menschen intuitiv der unternehmerischen Methode bedient, die die globale Entrepreneurship-Forschung als „Effectuation“ bezeichnet: Das Mögliche angehen, ohne auf die brillante Idee zu warten und ohne das wirklich, wirklich beste Ziel zu formulieren. Sie nutzten die unternehmerische Methode, die sich – besser als die Methode des Managements – dazu eignet, unter ungewissen Bedingungen Probleme zu lösen und Neues in die Welt zu bringen.
In einem Selbstversuch in der Küche kann man lernen, nach der Effectuation Methode unternehmerisch zu handeln. Anstatt (wie im Management) eine Speise auszuwählen und diese nach Rezept zuzubereiten, startet man bei dem, was direkt zur Verfügung steht: Kühlschrank und Vorratskammer sichten und nach eigenen Vorlieben und vorhandenen Fähigkeiten loslegen. Nun, die Wahrscheinlichkeit, dass dabei etwas Neues entsteht, ist wesentlich größer als beim Kochen nach Rezept.
Die Effectuation Methode für unternehmerisches Denken und Handeln nützt uns nicht nur in der Küche. Sie sollte auch nicht nur denen vorbehalten sein, die neue Produkte, Dienstleistungen und Firmen kreieren wollen. Sie kann uns vielmehr dazu befähigen, all die Fragen anzugehen, für die Sitzen und Nachdenken am grünen Tisch keine befriedigenden Ergebnisse bringt. Und das, ohne die Mythen von Unternehmern als risikofreudige Visionäre, Künstler, Talent oder Genie bemühen zu müssen.
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