Ich bin ein großer Fan der Fußballmetapher, die mir Dr. Reinhold Bartl erzählt hat und ursprünglich auf Dr. Fritz B. Simon zurückgeht. Anhand dieser Metapher werden mir immer wieder neue Aspekte des menschlichen Verhaltens klarer. Deshalb möchte ich euch auf folgendes Gedankenexperiment einladen.
Die Fußballmetapher als Gedankenexperiment
Stellt euch vor, ihr seid Zuschauer bei einem Fußballmatch. Warum nicht FC Bayern gegen FC Barcelona. Ihr betrachtet von der Seitenlinie aus 22 Spieler samt Fußball. Robben und Ribéry bearbeiten die Flügel. Bei Barca stürmen Messi und Suarez. Fußballherz was willst du mehr?
Plötzlich bekommen 21 Spieler und der Ball eine Tarnkappe aufgesetzt und sind für die Zuschauer nicht mehr sichtbar. Die Zuschauer können nur noch einen Spieler – David Alaba – sehen. Er spielt weiter wie zuvor, da er seine Mitspieler und den Ball sehen kann. Er läuft, er rennt, er grätscht, er passt, er lacht, er weint…
Was werden sich die Zuschauer denken? Zuschauer 1 ist überzeugt, dass Alaba eine Vollmeise hat. Der Nächste wundert sich nur noch und schaut nachdenklich auf sein Bier. Zuschauer 3 fühlt sich an ein Theaterstück erinnert. Nummer 4 kann sich gar keinen Reim auf die wilden Zuckungen von Alaba machen. Soweit die Ausgangssituation. Doch welche Erkenntnisse können wir daraus ziehen?
Top 10 Erkenntnisse aus der Fußballmetapher
- Die Bedeutung von Verhalten, in diesem Fall von Alaba, kommt immer vom Beobachter. Nie vom Phänomen. Das Gehirn ist Produzent von Sichtweisen. D.h., jeder Zuschauer erzeugt seine eigene Wirklichkeit und hat eine andere Interpretation von menschlichem Verhalten.
- Die Bedeutung von menschlichem Verhalten ist häufig an den Kontext gebunden. D.h., wenn sich ein Mensch auf einem Fußballfeld austobt, könnte das was mit dem Spiel Fußball zu tun haben. Muss es aber nicht. Menschliches Verhalten bedeutet nichts.
- Wir lernen in unserer Lebensgeschichte Hypothesen über das Verhalten anderer. Anders gesagt, unser Hirn bildet Hypothesen zur Erklärung von Phänomenen. Wir haben also im besten Fall Vermutungen darüber, was da draußen vor sich geht.
- Je höher der Stresslevel, desto rigider die Hypothesen. Wir greifen auf Altbekanntes zurück und legen unsere Vermutungen sehr streng aus. Habt ihr die Stadionzuschauer nach einem Foul schon einmal brüllen gehört, obwohl es niemand wirklich sehen konnte?
- Die Grundbedürfnisse von Menschen sind Sicherheit und Orientierung. Das Gehirn kann nicht ohne Erklärung leben. Nimmt man ihnen Sicherheit und Orientierung, löst dies Angst aus. Menschen in Angst sind dümmer, da sie keine neuen Hypothesen über das Verhalten anderer bilden können.
- Junge Leute sollten möglichst viele Unterschiede kennenlernen, um vielfältigere Hypothesen über das Verhalten ihrer Mitmenschen bilden zu können. Somit kann mit der Vielfalt des Lebens besser umgegangen werden.
- Alle Menschen sind auf soziale Konformität gepolt. D.h., wenn alle Zuschauer im Stadion nach einem Foul brüllen, werde ich auch mitbrüllen. Man will sich schließlich nicht gegen die Masse richten. Vom Prinzip her tun Menschen immer das, was von ihnen erwartet wird.
- Menschen ändern sich nicht durch Einsicht, sondern nur durch Erfahrung von erlebten Unterschieden. Selbst nach der Zeitlupe gibt es unterschiedliche Meinungen.
- Soziale Gemeinschaften funktionieren nicht ohne soziale Kontrolle, z.B. der Schiedsrichter. Wenn er nach einem Foul nicht pfeift, wird wieder gefoult. Das Verhalten eines Menschen lässt sich nicht aus den Eigenschafen eines Menschen erklären, sondern aus den Spielregeln.
- Führung heißt Auswahl von Perspektiven die zieldienlich sind. D.h. Zu sagen triff das Tor hilft wenig, aber eine gute Vorlage erhöht die wahrscheinlich für einen Treffer. Gute Führungskräfte sind also immer auch gute Vorlagengeber.
Fazit – Fußballmetapher
Ein einfaches Gedankenexperiment wie die Fußballmetapher zeigt, dass die objektive Beurteilung von menschlichem Verhalten ein Märchen ist. Durch die Erfahrungen, die wir im Leben gemacht haben, können wir das Verhalten lediglich interpretieren.
Abstimmungsprozesse mit anderen Zuschauern helfen uns dabei, ein gemeinsames Bild zu erzeugen. Eine Aufgabe von Führungskräften besteht deshalb darin, immer wieder Räume für Aushandlung zu schaffen, wie es für uns gerade ist (konsensuale Wirklichkeit).
Dr. Patrick Fritz
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