Design Sprint und Design Thinking sind Innovationsmethoden, die beide stark auf agilen Prinzipien aufbauen: maximale Kundenorientierung, arbeiten in kurzen Sprints und Veränderungen sind willkommen. Mit Design Thinking beschäftige ich mich seit unserer Kundenveranstaltung an der HSG intensiv. Auf den Design Sprint bin ich kürzlich durch das Buch von Jake Knapp aufmerksam geworden: „Sprint – Wie man in nur fünf Tagen neue Ideen testet und Probleme löst„.
Was ist der Design Sprint?
Wenn ich es in einem Satz sagen müsste, ist der Design Sprint für mich eine sehr spezifische Möglichkeit von vielen, wie ein Design Thinking Prozess aussehen kann. So überrascht der Satz auf Seite 24 nicht sonderlich: „Wenn Sie mit Lean Development oder Design Thinking vertraut sind, werden Sie feststellen, dass der Sprint eine praktische Methode zur Anwendung dieser Richtlinien ist.“ Wie diese praktische Methode aussieht zeigt die Präsentation des Autors:
Wichtig Aussagen zum Design Sprint sind für mich:
- Der Sprint dauert genau fünf Tage. Nicht länger, nicht kürzer.
- Jeder Tag des Sprints hat ein konkretes Thema bzw. Ziel.
- Montag werden Experten befragt, eine Customer Journey Map erstellt und das Sprint-Ziel ausgewählt.
- Dienstag werden verschiedene Lösungen für das ausgewählte Problem skizziert.
- Mittwoch wird der beste Lösungsansatz bestimmt und in ein Storyboard übersetzt.
- Donnerstag wird basierend auf dem Storyboard ein realistischer Prototyp erstellt.
- Freitag wird der Prototyp an fünf ausgewählten Zielkunden getestet und die weitere Vorgehensweise festgelegt.
Das ist wirklich nur ein oberflächlicher Blick auf das Buch. Im Detail stecken sehr viele Erfahrungswerte und methodische Erklärungen, die lesenswert sind. Mir geht es an dieser Stelle jedoch um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der beiden Innovationsansätze.
Design Sprint und Design Thinking im Vergleich
Beide Ansätze starten mit einer wohldefinierten Fragestellung aber dann zeigt sich bereits der erste wesentliche Unterschied. Während Design Thinking großen Wert auf das Need Finding legt, also auf die Untersuchung der Kundenbedürfnisse, springt der Design Sprint sehr schnell in die Skizzierung möglicher Lösungsideen.
Dies zeigt sich vor allem bei der Anwendung der „How might we“ Fragetechnik (HMW). Beim Sprint sind HMW-Fragen zwar vorgesehen, aber es wird am Sprint-Ziel festgehalten. Schließlich geht es darum, ein klar umrissenes Sprint-Ziel zu erreichen. Design Thinking hingegen fordert eine Anpassung der ursprünglichen Design Challenge geradezu heraus. Schließlich gilt es, dass eigentliche Problem erst genau zu erfassen – vielleicht interessiert die Frage des Unternehmens den Kunden ja gar nicht.
Der zweite wesentliche Unterschied liegt in der Anwendung der Customer oder User Journey Map, die beim Sprint ein zentrales Instrument darstellt, um den Fokus nicht zu verlieren. Bei besonders innovativen Fragestellungen, wird im Design Thinking Prozess bewusst auf eine Customer Journey Map verzichtet, um einen Bias des Teams zu verhindern. Wer einmal den Kundenprozess in der Tiefe untersucht und verstanden hat, bleibt in dieser Kundenwelt kleben und kann sich davon nicht mehr lösen.
Wenn allerdings die besten Ideen ausgewählt sind, laufen beide Ansätze nach dem gleichen Strickmuster. Die erfolgsversprechenden Ideen werden zum Prototyp weiterentwickelt und schließlich an potenziellen Zielkunden getestet. Aufgrund des Kudenfeedbacks wird entschieden, wie es weiter geht bzw. zu welcher Stelle im Prozess zurück gegangen werden muss.
Fazit
Desgin Sprint und Design Thinking sind auf den ersten Blick sehr ähnlich. Auf den zweiten Blick zeigen sich aber wesentliche Unterschiede. Der Design Sprint ist eine ausdefinierte Methode, um Ideen für eine klar und eng umrissene Problemstellung zu entwickeln und testen. Das Ziel des Sprints bleibt bestehen – komme was wolle; während Design Thinking die ursprüngliche Design Challenge lediglich als Ausgangspunkt sieht. Hier geht es darum, mehr über den potenziellen Kunden zu lernen und den Problemraum zu erkunden, bevor es in die Ideation-Phase geht. In einem Satz: Design Sprint für klare oder komplizierte Probleme, Design Thinking für unklare oder komplexe Probleme. Schau dir dazu weiterführend den CYNEFIN-Artikel und das CYNEFIN-Experiment an.
Dr. Patrick Fritz
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