Im Rahmen des Führungskreis B2B-Marketing durfte ich mich mit der Customer Journey auseinandersetzen. Stefan Hövel von Innovagon hat uns ein konkretes Tool vorgestellt, um die viel beschworene Customer Centricity oder Kundenorientierung (wieder) herzustellen.
Was ist die Customer Journey?
Die Customer Journey oder Kundenreise definiert die einzelnen Phasen, die ein Kunde durchläuft, bevor er sich für den Kauf eines Produktes entscheidet und darüber hinaus. Bis hierhin könnte man auch von einem klassischen Sales Funnel sprechen. Eine Customer Journey umfasst zusätzlich alle Kontaktpunkte (Touchpoints), eines Kunden mit dem Unternehmen. Dieser Weg kann anhand einer Customer Journey Map festgehalten werden.
Höfel bezeichnet die Customer Journey, als den neuen roten Faden im Marketing und Vertrieb. Belz spricht in diesem Zusammenhang von der Handlungswelt. Anstatt zu versuchen den Kunden top-down über seine Gedankenwelt zu steuern, sollen sich Unternehmen bottom-up durch die realen Handlungen des Kunden leiten lassen.
Wofür braucht es die Customer Journey?
Im Kern sehe ich folgenden Nutzen beim Blick auf die Kundenreise:
- Die Erstellung führt zu einem bereichsübergreifenden Verständnis des Kundenverhalten.
- Wenn die Touchpoints entlang der Kundenreise bekannt sind, kann ich beginnen meine Marketing- und Vertriebsinstrumente daran ausrichten.
- Darauf aufbauend kann ich beginnen meine Media-Planung zu optimieren. In der Hoffnung weniger als 50% der Werbeausgaben als rausgeworfenes Geld abzustempeln (frei nach Henry Ford).
Sogenannte Direct-Brands (z.B. Tesla, Woom, iClip, Bett1) nutzen die Kundenreise intensiv, weil sie ihnen hilft alle Marketingmaßnahmen so aufeinander abzustimmen, dass am Ende die gewünschte Konversion eintritt.
Wie sieht eine Customer Journey Map aus?
Die Werbewirksamkeitsforschung beschäftigt sich schon lange mit der Frage, welche Phasen ein Kunde durchläuft, bis er sich schlussendlich für den Kauf eines Produktes entscheidet. Sehr bekannt ist z.B. das AIDA-Modell, welches auf Elmo Lewis 1898 zurückgeführt wird (Attention, Interest, Desire, Action ).
Das ist aber nur der oberste Layer der Kundenreise, um ein wenig Struktur hinein zu bringen. Davon allein könnte man als Marketingverantwortlicher keine Entscheidungen ableiten. Hier ein schöne Customer Journey Map von Bright Vessel als Beispiel:

Auf oberster Ebene sind die Phasen in Anlehnung an AIDA abgebildet. Die Phasen werden durch einzelne Steps untergliedert, z.B. Clicks ad, Browse eShop, Receives Package. Diesen Steps werden nun die Touchpoints farblich zugeordnet, z.B. Ads, e-Shop, Blog, Newsletter, App. Abschließend werden die Verantwortlichkeiten für die Touchpoints definiert.
Darüber hinaus könnte man jedem Touchpoint eine KPI oder Kennzahl zuordnen, um eine Erfolgsmessung vorzunehmen (z.B. Anzahl Newsletter Anmeldungen, Zeit auf der Webseite, Whitepaper Downloads). Hier das PDF von Bright Vessel zum Download, um einen genaueren Einblick zu bekommen.
Hövel schlägt vor die Kundenreise in folgende Phasen zu unterteilen:
- Brand Journey (BJ)
- Consumer Decision Journey (CDJ)
- Purchase Experience Journey (PEX)
- Customer Experience Journey (CEJ)
- Customer Engagement Journey (CE)
Zusätzlich bezieht er weitere Ebene ein, wie z.B. den Wettbewerb. Die Reise des potenziellen Kunden bezieht ja nicht nur das eigene Unternehmen mit ein. Wie die Consumer Decision Journey aus Sicht des Kunden aussehen kann, zeigt das folgende Video:
Wie wird eine Customer Journey Map erstellt?
- Stakeholder identifizieren: Welche Stakeholder spielen auf der Customer Journey eine Rolle? Wettbewerber, Social Media, Händler, Presse, Foren, Portale…?
- Touchpoints definieren: Aus der Rolle des jeweiligen Stakeholders heraus werden nun die relevanten Touchpoints mit dem potenziellen Kunden definiert.
- Content platzieren: Zum jeweiligen Touchpoint werden nun Content-Elemente gesucht und auf der vorbereiteten Customer Journey Map zugeordnet.
- Gaps identifizieren: Nun durchlaufen verschiedene Personas die aufgezeichnete Kundenreise und wir identifizieren Gaps und QuickWins.
- Maßnahmen ableiten: Basierend auf Gaps und QuickWins werden entsprechende Maßnahmen abgeleitet, um den Kunden auf seiner Reise nicht zu verlieren.
Welche Maßnahmen setze ich an den Touchpoints?
Customer Journey und Touchpoints sind nur die eine Seite der Medaille. Die anderen Seite sind die konkreten Maßnahmen, die daraus abgeleitet werden. Aus Sicht des Marketingverantwortlichen geht es um die Optimierung der Media-Planung. In diesem Zusammenhang hat Christoph Spengler von accelerom interessante Erfahrungen eingebracht:
- Bereits mittelgroße Unternehmen managen heute weit über 100 Touchpoints (40-60 owned, 20-30 paid, 30-40 earned).
- Egal ob owned, paid oder earned Touchpoints, die Ziele sind häufig unklar (Marke? Leads?).
- Potenzielle Kunden interagieren mit oft mit 30 bis 40 Off-und Online-Touchpoints.
- Die Reichweiten der Touchpoints nehmen ab. Lärm machen ist wenig effektiv.
- Dieselbe Wirkung lässt sich mit weniger Massnahmen erreichen.
- Im B2B-Umfeld sind die Webseite und Broschüren als PDF die wichtigsten Touchpoints.
- Wirkungsschwache Maßnahmen im Hinblick auf Reichweite und Relevanz müssen gekürzt werden.
Fazit: Customer Journey im B2B-Marketing
Sich die einzelnen Phasen bewusst zu machen, die ein Kunde durchläuft, bevor er sich für den Kauf eines Produktes entscheidet, macht durchaus Sinn. Noch wichtiger ist es die realen Handlungen des Kunden nachzuvollziehen und sämtliche Marketing- und Vertriebsinstrumente daran auszurichten. Die richtige Botschaft über die richtigen Kanäle zu senden, um den Kunden in seinem Entscheidungsprozess zu unterstützen. Somit wird das Marketing zum Kundenversteher und hilft ihm auf seiner Reise zur richtigen Entscheidung.
Dr. Patrick Fritz
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