Boni, Bonus, Bonuszahlungen, Leistungsentgelt, Prämie, variable Vergütung, relative Vergütung, variables Gehalt – egal wie wir es nennen, der renommierte Verhaltensökonom Prof. Dr. Matthias Sutter warnte in den Führungskreisen Vertrieb und Einkauf eindringlich vor unerwünschten Nebenwirkungen, die ich in diesem FRITZ Tipp mit euch beleuchte.
Was sind Bonuszahlungen?
Boni sind ein weit verbreitetes Instrument in Unternehmen. Ungefähr 60 % der Fortune 500 Unternehmen setzen Bonussysteme ein.
Bonuszahlungen bieten die Möglichkeit zusätzlicher Vergütung für überdurchschnittliche Leistung, als auch von Kürzungen bei unterdurchschnittlicher Leistung.
Quelle: Prof. Dr. Matthias Sutter, Persönliche Mitschrift vom 11. Jänner 2023
Mehr Geld ist doch eigentlich immer eine gute Sache – oder doch nicht? Ockenfels, Sliwka und Werner (2015) zeigen in ihrer Untersuchung unbeabsichtigte Nebeneffekte variabler Vergütung, die jede Führungskraft kennen sollte.
Das Bonussystem
Die Untersuchungsergebnisse beruhen auf einer empirischen Studie mit Daten eines großen deutschen Unternehmens mit Standorten in Deutschland und USA. In beiden Ländern werden ca. 5.000 Manager durch Bonuszahlungen belohnt, die von den Leistungsbeurteilungen ihrer Vorgesetzten abhängen.
Allerdings gibt es einen kleinen, aber feinen Unterschied zwischen Deutschland und den USA hinsichtlich der Frage der Transparenz. In einem ersten Schritt wurde die Leistungsbeurteilung auf einer 5-stufigen Skala mit einer empfohlenen Verteilung vorgenommen.

In einem zweiten Schritt erhält jeder Vorgesetzte eine fixe Summe für Bonuszahlungen, die an die Manager der Abteilung verteilt werden müssen. Die Verteilung erfolgt über die Zuteilung von Bonuspunkten in Abhängigkeit von der Leistungsbeurteilung:
- ‘excellent’: 140%-160%
- ‘above average’: 110%-140%
- ‘fully meets expectations’: 80%-110%
- ‘below average’: 30%-80%
- ‘inadequate’: 0%
Wichtig, es handelt sich um ein Nullsummenspiel. Was bei Managern mit schlechter Leistungsbeurteilung abgezogen wird, erhalten Manager mit guter Leistungsbeurteilung obendrauf. Die Bonuszahlungen machen einen signifikanten Bestandteil des Jahresgehalts aus: im Schnitt 19,3% eines Jahresgrundgehalts in Deutschland bzw. 17,9% in den USA.
Das System ist praktisch identisch, mit einer Ausnahme. In Deutschland erfahren die Manager ihre zugeteilten Bonuspunkte. In den USA erfahren die Manager nur ihre absoluten Bonuszahlungen . Sie kennen aber nicht die fixe Summe für die Bonuszahlungen und können damit ihre Bonuspunkte nicht herausfinden.
Wirkung von Bonuszahlungen auf Arbeitszufriedenheit
Ockenfels, Sliwka und Werner stellen keinen Einfluss der absoluten Bonuszahlung oder des Grundgehalts auf die Arbeitszufriedenheit fest. Allerdings gibt es in Deutschland einen signifikanten Einfluss der Bonuspunkte auf die Arbeitszufriedenheit: Bonuspunkte über 100% haben keinen Einfluss. Bonuspunkte unter 100% machen massiv unzufrieden!
Darüber hinaus gibt es einen stark negativen Einfluss einer Bonuspunktezahl unter 100% auf die Arbeitsleistung im Folgejahr. Obwohl diese Manager mit “fully meets expectations” beurteilt wurden, ist eine Bewertung unter 100% ähnlich einer Strafe. 100% ist ein starker Referenzpunkt in Deutschland. Transparenz ist in diesem Fall also mehr als problematisch.
Hier bestätigt sich was wir aus der Verhaltensökonomie wissen, relativ schlägt absolut. Menschen orientieren sich an Referenzpunkten. In diesem Fall an der 100% Marke bei der Leistungsbeurteilung. In Summe bringen die Bonuszahlungen ausschließlich negative Folgen. Das Unternehmen sollte also prüfen, ob die Karotte nicht bereits im Arbeitsvertrag steht.
Antoinette Weibel, Professorin für Personalmanagement an der Universität St. Gallen, stellt fest: Wissenschaftlich lässt sich kein Zusammenhang zwischen Bonuszahlungen und der Leistung eines Unternehmens nachweisen. Boni bringen sogar Nachteile mit sich: Fehlanreize, unethisches Verhalten, absterben intrinsischer Motivation und Söldnertum. Hier zum nachhören in der SRF Sendung Echo der Zeit:
Teambonus als Alternative?
Im Rahmen eines Feldexperiments wurde bei einer Bäckereikette in Deutschland versucht, die Produktivität in ihren Filialen zu erhöhen. Da der individuelle Beitrag eines Mitarbeiters in einer Filiale schwer messbar ist, kam ein klassisch aufgesetzter Boni nicht in Frage.
Stattdessen wurde ein Teambonus pro Filiale getestet. Wobei Angestellte proportional zu ihrer Arbeitszeit profitieren. Das heißt eine 50% Teilzeitkraft, bekommt die Hälfte des Teambonus ausgeschüttet, im Vergleich zu einer Vollzeitkraft. Der monatliche Teambonus wurde in Abhängigkeit zu den Verkäufen der jeweiligen Filiale (in %) über dem festgesetzten Zielwert ausbezahlt.




Das Ergebnis war beeindruckend. In Filialen mit Teambonus wurde ca. 3% höhere Umsätze erzielt. Auch die Gewinne sind gestiegen, und zwar um €2.10 pro €1 Bonuszahlung.
Der dargestellte Effekt ist stärker in Filialen, die bisher ihre Umsatzziele nicht erreicht hatten. Gute Filialen bzw. Teams brauchen keinen Bonus. Zudem ist der Effekt größer bei jüngerer Belegschaft, nimmt aber mit der Anzahl der Minijobber ab.
Es werden mehr Kunden in derselben Zeit bedient. Bessere Koordination der Arbeitsschritte, was ein Zeichen für höhere Kooperation ist. Alle ziehen am selben Strang!
Fazit – Bonuszahlungen
Die Wissenschaft zeigt klar, Bonuszahlungen oder variable Vergütung erhöhen weder die Leistung noch die Zufriedenheit der Mitarbeiter. Warum halten trotzdem 60% der Fortune 500 Unternehmen an Bonussystemen fest?
Weibel hat auch hier eine Antworte parat. Die größten Nutznießer dieser Praxis sitzen in der Chefetage der großen Banken, die sogenannten Fat Cats, deren Leistung nicht messbar ist. Zudem haben wir nach wie vor falsche Theorien aus den 80er Jahren, die auf dem Homo oeconomicus basieren.
Alternative Ansätze finden sich selbst im Bankenumfeld, wie z.B. die ING aus den Niederlanden oder die Svenska Handelsbanken in Schweden, die auf ein beinahe egalitäres Lohnsystem setzen. Auch die in Verruf geratene Credit Suisse und der schweizerische Bankverein haben früher nicht mit Boni gearbeitet.
Der Grund ist nach Gehaltsexperte Meusburger einfach: Das relative, nicht das absolute Einkommen schafft Gehaltszufriedenheit. Sutter bringt es schlussendlich schön auf den Punkt: Die Karotte steht bereits im Arbeitsvertrag.
Dr. Patrick Fritz
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